Aus diesen Erkenntnissen heraus ist schnell eine Entscheidung getroffen: der Besuch des Hardap Reserves wird gestrichen, jeder säubert und packt das jeweilige Zelt, das ihm in den vergangenen Wochen Schutz und Rückzugsmöglichkeit geboten hat, danach trennen sich unsere Wege für die nächsten Stunden. Patricia, Sven, Jürg und Tommi brechen nach Windhoek auf, während Annette, Jochen, Heinz und ich in aller Ruhe den Rest aufräumen und den grünen Landy weitestgehend garagenfertig machen, bevor auch wir den 240 Kilometer langen Weg in die namibische Hauptstadt antreten. Die Strecke ist rasch heruntergespult und gen Mittag laufen wir in den Großraum der Stadt ein. Dabei passieren wir den kleinen Holzschnitzermarkt in der Nähe des Eros-Flughafens, der direkt neben der Straße liegt und halten dort an. Viel ist hier nicht los – ein Regenschauer vor nicht allzu langer Zeit hat wohl alle Käufer vertrieben – ein paar der Stände sind sogar noch mit Planen verhangen, in deren Vertiefungen nun das Wasser steht. Doch bereitwillig decken die Marktleute ihre Schätze auf und wir schlendern genüßlich über das touristenfreie Souvenir-Paradies. Jetzt bin ich schon so oft in Afrika gewesen, habe fast jedes Mal etwas Hübsches mitgebracht und bin mit den Jahren natürlich immer selektiver geworden. Mittlerweile kaufe ich sehr zurückhaltend, die Kapazitäten meiner Wohnung sind ja auch begrenzt; das Stück muss, zumindest in meinen Augen, etwas ganz Besonderes sein, es muss mich extrem ansprechen – und das meine ich wörtlich. Trotz aller Zurückhaltung, es scheint wie verhext, habe ich dennoch auf jeder Reise eine Kleinigkeit gefunden und so ist es auch diesmal.


Gemeinsam schreiten wir zur Tat, begeben uns in die Verhandlungsphase, was nur möglich ist, da uns Annette freundlicherweise die Vorab-Finanzierung zusagt – wir beide nämlich haben nicht einen NAM-Dollar in der Tasche. Umso mehr strengen wir uns beim Handeln an und nach zähem Ringen erzielen wir schließlich einen sehr akzeptablen Nimm-Zwei-Rabatt-Preis: statt der ursprünglich geforderten 900 NAM-Dollar zahlen wir nur noch 500 – für 10 Kilogramm Nilpferd und 66 Zentimeter Gesicht! Die beiden verwandten, befreundeten, verschwägerten oder sonst wie verbandelten Händler packen uns freudig das jeweilige Souvenir in Zeitungspapier und wir nehmen die Pakete mindestens ebenso freudig entgegen. „Wie heißt er denn?“, frage ich meinen Schnitzer und strahle ihn und das Hippo, das mich deutlich in die Knie gehen lässt, erwartungsvoll an. „Das ist ein NILPFERD!“, entgegnet der, fassungslos ob meiner unglaublichen, zoologischen Bildungslücke. „Ja, klar, ein Nilpferd, aber es muss doch einen Namen haben!“ „Ach so, ja, natürlich“, erwidert der Verkäufer, erleichtert, dass er sein Produkt nicht einer völlig Schwachsinnigen in die Hand gedrückt hat, „das ist Jacob!“ Sein Kumpel deutet daraufhin geistesgegenwärtig auf Heinz’ Maske und meint: „Und das ist Manuel!“ So soll es denn sein! Hoch erfreut machen wir uns nach einer herzlichen Verabschiedung von den spontanen Namensgebern wieder auf den Weg, zusammen mit unseren zwei umfangreichen Täuflingen, die wir erst morgen endgültig verstauen werden müssen. Gott sei Dank, denn mit jedem Kilometer, den wir uns weiter vom Markt entfernen, scheinen Jacob und Manuel größer und schwerer zu werden. Man verschätzt sich einfach leicht, wann immer man Dinge auf größerer Fläche präsentiert sieht. Wenn ich da an mein Tingatinga denke, das ich an einem weiten Strand der sansibarischen Ostküste erstanden habe – das sah dort bei weitem nicht so groß aus, wie es wirklich war; nämlich 2 Meter auf 1,20 Meter. Aber auch das habe ich heil nach Hause gebracht und ein schönes Plätzchen dafür gefunden...



Bald darauf kommen wir mitsamt unseren Schätzen beim Puccini Guest House an, läuten am Tor und werden eingelassen. Mit Müh und Not finden wir auf dem engen, zugeparkten Hof einen Platz fürs Auto und quetschen uns heraus. Wie gut, dass wir heute Morgen schon einen Großteil unseres Equipments gepackt haben; das wäre hier ein ziemlicher Akt geworden. Eine freundliche Dame heißt uns willkommen, zeigt uns unsere Zimmer, die klein, aber nett und sauber sind und wir lassen uns sofort aufs Bett fallen – zum ersten Mal nach drei Wochen. Das fühlt sich gut an, so gut, dass wir eigentlich gar nicht mehr aufstehen wollen, aber erst Mal müssen wir unsere Habseligkeiten aus dem Auto holen. Man glaubt gar nicht, wo überall man im Laufe dreier Wochen Sachen deponiert: Schuhe unter dem Autositz, diverse Fundstücke in der Vordersitztasche und im Gepäcknetz, eine Jacke hier, ein Handtuch dort. Sorgfältig suchen wir alle möglichen Stauräume ab und schleppen schließlich unsere Besitztümer in unser Zimmer, wo wir beschließen, das sei jetzt erst Mal genug der Anstrengung gewesen. Wir machen uns kurz frisch und begeben uns dann auf die schattige Terrasse im Innenhof der Pension, deren gemütliche Sofas zu einem faulen Nachmittag einladen. Bald gesellen sich auch Jochen und Annette zu uns. Gemeinsam lassen wir Momente der Reise revue passieren, beobachten die zahlreichen Vögel im Garten und vertreiben uns mit kühlen Getränken und anregenden Gesprächen die Zeit bis zum Abendessen, das wir heute zur Feier des Tages in der ehemaligen Kaiserkrone, jetzt „The Gourmet“, einnehmen wollen. Gegen 17 Uhr treffen unsere vom Shoppen erschöpften Mitreisenden ein, voll bepackt mit Souvenirs, die sie uns stolz präsentieren. Hübsche Sachen haben sie da erstanden, aber, so denke ich mir insgeheim, Jacob und Manuel sind durch nichts zu schlagen! Doch das ist eine reine Geschmacksfrage und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.








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