Mittwoch, 31. Juli 2013

20./21. April, Heimreise

Blipp, blipp, blipp! Ein nervtötendes Geräusch dringt in mein schlafumnebeltes Bewusstsein und unangenehme Nässe spritzt im gleichen Takt auf mein Gesicht. Unwillig wische ich mir mit dem Schlafsack über die Wangen, doch sofort werden sie erneut betropft, das Geblippe wird schneller, ja geradezu hektisch. Wie von der Tarantel gestochen (obwohl diese ja beisst), fahre ich hoch und stelle entsetzt fest, dass der seit gestern Abend munter plätschernde Regen mittlerweile Zugang zu unserer Schlafhöhle gefunden hat. Er bahnt sich seinen Weg durch eine vollgesogene Stelle im Zeltdach, rinnt in beständigen Bächlein zwischen den beiden Therm-A-Rests hindurch und sammelt sich betulich am Fußende unserer Schlafsäcke. Na toll! Ich erwache aus meiner Schlaflethargie, schnappe mir die stets griffbereite Klorolle und beginne zu wischen. Phchrsch, phchrsch, phchrsch, nächstes Zellstoffknäuel, phchrsch. Heinz grunzt und zieht sich seinen Schlafsack über den Kopf, unter dessen Daunen plötzlich ebenfalls ein stetiges „Phchrsch“ ertönt. Uih, Heinz wischt auch – braver Schneck, denke ich erfreut, als mir im selben Moment ein winziger, sehr damenhafter Pups entfleucht. Bfffrrt, echot es unter Heinz’ Decke hervor. Habe ich da gerade richtig gehört? Scheint so, denn als ich erneut zu wischen beginne, ertönt abermals eine gelungene Nachahmung meiner Trocknungsgeräusche – und ich sehe Heinz’ Hand, wie er mit den Fingernägeln über seine Therm-A-Rest schabt. Na warte, Pursche! Liegt da genervt neben mir und äfft mich auch noch nach! Etwas gekränkt tupfe ich leise die letzte Nässe auf, platziere die Klorolle unter dem Leck und hülle mich grummelnd wieder in meinen Schlafsack. Das allerdings hätte ich mir sparen können. Ich bin noch nicht mal ansatzweise wieder eingeschlafen, als allmählich Tageslicht ins Zelt sickert und Annette und Jochen zu rascheln und mit Geschirr zu klappern beginnen. Heinz hingegen schnarcht friedlich neben mir.

Betrübliche Aussichten…
in alle Richtungen
Überall steht das Wasser










Boshaft grinsend ziehe ich genüsslich meine Nägel über seine Schlafmatte – direkt neben seinem Ohr – so lange, bis er unwillig die Augen aufschlägt. „Guten Morgen, mein Schneck, soll ich für dich noch kleines Aufwach-Pupsi lassen?“ „Du bist so gemein!“, quengelt mein Liebster, rollt sich zu mir herüber und legt seine Arme um mich. „So gemein! Und das Wetter ist auch gemein! Plitsch, platsch, mäh. Noch a bissi kuscheln, ja?!“, brabbelt er und schmiegt sich an mich. Schnell hat er mich überzeugt, denn bei diesem Regen ist Aufstehen wirklich alles andere als verlockend und seine Nachahmerei habe ich im ohnehin schon verziehen. Nach einer wohligen, das Schreckliche aufschiebenden halben Stunde dann aber raffen wir uns doch endlich schweren Herzens hoch und krabbeln hinaus in den strömenden Regen. Ach nee, ist das ätzend: es ist kalt, dichter Nebel hängt in den Bergen, schlammige Bäche wälzen sich den Hang herab, überall steht Wasser – im Klohaus sogar knöcheltief. Unter diesen Umständen können wir eine gepflegte Abschieds-Dusche wohl vergessen, doch das ist jetzt auch schon egal. Größere Sorgen hingegen bereitet mir die bevorstehende Packaktion. Wie, in Teufels Namen, sollen wir bei diesem Pisswetter nur unser Zeug einigermaßen trocken im Gepäck verstauen? Frierend, in unsere wärmsten Jacken gehüllt, versammeln wir uns unter unserem Wellblechdächlein zu einem feucht-kühlen Frühstück und starren sorgenvoll-deprimiert hinaus in den Schnürlregen. Moment mal! Wird der etwa weniger? Tatsächlich! Als wir unser Morgenmahl beendet haben, versiegt der Himmelsquell und der Sonne gelingt es sogar, ein paar wärmende Strahlen durch die dichte Wolkendecke zu zwängen. Rasch springen wir auf und nutzen die Gunst dieses niederschlagsfreien Zeitfensters, um unser umfangreiches Equipment transporttauglich zu verpacken. Gerade stopfe ich meine letzten Besitztümer in meine bereits gut gefüllte Tasche, als eine wohlbekannte Quäkstimme mein Trommelfell penetriert: oh nein, das ist Einschieh! „Na, aber hallo, so sieht man sich wieder, was!? Da habt ihr euch aber ein Wetter ausgesucht, haha! Ich beneide mich ja richtig um mein Wohnmobil in solchen Momenten, hähä! Müsst ihr denn schon abreisen? Also ich, ich fahre jetzt dann hoch nach Etosha. Wart ihr schon mal in Etosha? Das muss man gesehen haben…“ Brabrabra, laber, schwall. Wie kann man derart penetrant so viel selbstgefälliges Gesabbel von sich geben? Das ertrage ich nicht länger! Entnervt greife ich mir die Tüte mit meinen gehüteten Heimflug-Klamotten, hechte ins überflutete Waschhaus und springe auf den Klodeckel, um mich trockener Füße umziehen zu können. Dort harre ich dann aus, bis dieses unsägliche Weib mitsamt ihrer ohrenschmerzenden Besserwisser-Stimme endlich nicht mehr zu hören ist. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen wate ich dann durch den Schlamm im Sanitärgebäude, luge vorsichtig ums Eck, um mich zu vergewissern, dass Einschieh tatsächlich fort ist.

Wolken bis zum Zelt
Der Berg kommt runter
und verschwindet im Abgrund
Lichtet sich da was?













 Ja, ja, ja, sie ist weg! Mit meinem total verdreckten Handtuch säubere ich nun meine Zehen, ziehe Socken und Schuhe an, verstaue die abgelegte Kleidung und das Handtuch noch in der Tasche, dann ziehe ich den Reissverschluss zu, schließe das Schloss und – fertig! „Können wir fahren?“ „Wir warten nur auf dich!“ „Na, aber hallo, ich bin doch da!“, echoe ich und imitiere Einschiehs quäkende Blechstimme. „Müssen wir denn wirklich schon abreisen? Da beneide ich mich ja richtig um meinen trockenen Sitzplatz im Flieger. Seid ihr denn schon mal geflogen? Also, das muss man mal gemacht haben…!“ Lachend steigen wir ins Auto und brausen vom Platz, gerade rechtzeitig, als es wieder zu regnen beginnt. Tja, so schließen sich gleich mehrere Kreise. Der vorurlaubliche Regen hat uns eine wunderschöne, grüne Reise beschert, uns persönlich aber weitestgehend verschont – jetzt ist er wieder da. Einschieh beglückte uns auch am Anfang unserer Tour und trat an deren Ende ebenfalls erneut in Erscheinung. Auf diesen Kreisschluss allerdings hätten wir gut und gerne verzichten können. Das Positive daran: man begegnet sich immer zweimal im Leben; das also hätten wir immerhin hinter uns! Ich seufze erleichtert, lehne mich entspannt zurück, als uns Einschiehs Rache doch noch ereilt. Genauer gesagt, mich. Der heftige Regen sammelt sich als Riesensee im hinteren Textilverdeck unserer Safariluke, das Wasser sucht sich einen Weg – und landet zielgenau auf meinem Oberschenkel. Danke Einschieh! Etwas durchfeuchtet, ich, die anderen ja nicht, kommen wir am Flughafen an, laden Heinz’ und mein Gepäck aus (Annette und Jochen bleiben noch eine Woche) und entern zu Viert das Terminal. In einem recht sterilen Snack-Schuppen setzen wir uns zu einem letzten gemeinsamen Mittagsmahl an einen Tisch, dann aber wird es Zeit für den endgültigen Abschied. Annette und Jochen müssen weiter – sie wollen heute noch nach Botswana – und Heinz und ich sollten allmählich mal einchecken. Wir drücken uns innig, dann gehen wir unserer Wege. Unsere Freunde hinaus in den Regen,

Das Wasser versickert langsam
Dieses Chaos muss gepackt werden
Regenpause = Jetzt schnell packen!










Heinz und ich hingegen treten die weite Rückreise nach München an, die, und da habe ich erneut Einschieh im Verdacht, verdammt anstrengend werden soll: am Check-In stehen wir natürlich wieder in der langsamsten Schlange, die schwarze Airline-Lady mit den schweren, schläfrigen Lidern ist ein echtes Retard-Modell… Als wir endlich drankommen, lege ich unsere Papiere auf den Tresen, die mit quälender Langsamkeit umsortiert werden. Erst als die Schnecke die Hand zur Tastatur bewegt und im Adler-Such-System die ersten drei Tasten angeschlagen hat, tue ich meinen Wunsch nach einem Gangplatz kund. Im Zeitlupentempo hebt sie den Kopf, sieht mich behäbig an und meint: „Too late, Madam, I already booked you.“ Was? Wie? Und vor allen Dingen, wann? Scheiße, da hat uns die Trantüte völlig unbemerkt und in Lichtgeschwindigkeit für alle zwei Flüge in die Mitte einer Viererreihe gesetzt! Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu! Doch das hilft jetzt alles nichts mehr, wir müssen da durch. Der Flug Windhoek-Johannesburg geht noch, er dauert ja nicht lange, dann aber wird es wirklich grottig. Man könnte es auch als sitznachbarlichen Super-GAU des Langstreckenfluges bezeichnen. Neben mir sitzt ein Typ Frau, den ich allein aufgrund der schieren Optik sofort in eine bestimmte Schublade stecke. Zu recht, wie sich sehr bald herausstellt. Die „Dame“ hat gefärbte, rabenschwarze, strähnige Haare, ein Ansatz undefinierbarer Farbe zeigt sich zentimeterbreit am Scheitel, ihre Gesichtshaut ist, wahrscheinlich wegen eines dauerhaften Überangebotes an freier Zeit, sonnengegerbt und ähnelt einem Lederapfel im Frühling, lässt sie aussehen wie Mitte vierzig, obwohl sie sicher erst um die dreißig ist. Sie trägt eine schwarze Lederjacke, die nicht nur gebraucht aussieht, sondern auch so riecht. In unseren Gefilden treiben sich derlei Frauen gerne in Parks oder an Endhaltestellen herum, führen zumeist struppige Köter mit sich, die rotweiße Tücher als Halsband tragen, während sich Frauchen um zehn Uhr morgens schon die erste Flasche Augustiner Hell einpfeift und sich mit einem ungepflegten Charly lauthals streitet. Und tatsächlich: wir sind noch nicht gestartet, als von weiter hinten so ein Charly antanzt und von der raustimmigen Lady unfreundlich gebeten wird, ihr doch bei der Saftschubse endlich einen Whisky zu organisieren; oder besser gleich mehrere. Bingo!

Heinz hat es nicht besser getroffen: seine Sitznachbarin ist eine pikiert wirkende, aufgedonnerte Trulla Mitte dreißig, die einen Hausanzug aus Nicky-Stoff und hellblauen Lidschatten trägt und in einer Wanne schwersten Parfums gebadet haben muss. Ihre strassverzierten Kunstkrallen und der protzige Goldschmuck lassen bei mir die nächste Schublade aufgehen. Russin, Goldener Arsch. Letzteres bezeichnet in unserem Sprachgebrauch eine zweite Ehefrau, zu deren Gunsten die erste, langgediente entsorgt wird. Meist ist der Goldene Arsch um vieles jünger als die alte Alte, stammt, der anhaftenden Exotik und vermeintlichen Anspruchslosigkeit wegen, aus einem anderen Kulturkreis, wird nach Strich und Faden verwöhnt und entwickelt sich in der Folge immer mehr zur fordernden Zicke. Und schon wieder bingo! In der Reihe vor uns sitzt ein glatzköpfiger, schmerbäuchiger Sechziger, der offenbar zu Heinz’ Nachbarin gehört. Als die Anschnallzeichen erlöschen, ordert er reichlich Wodka für die Tusnelda, holt ihre Handtasche aus dem Gepäckfach, wartet, bis sie fünf Tabletten mit dem Alkohol hinuntergespült hat, verstaut das Täschchen wieder und deckt dann die Holde mit einem mitgebrachten Flauschedeckchen zu. „Schlaf gut, Schatzi!“, flüstert der Gatte zärtlich. „Weißt du, dass iccccch niccccht schlafän kann in Flugzeig!“, ranzt Schatzi zurück. Spricht’s und fällt augenblicklich in tiefen Tabletten-Wodka-Schlaf, während meine Sitznachbarin bereits süße Whisky-Träume träumt und vernehmlich schnarcht. Wie festgetackert verbringen Heinz und ich die nächsten neun Stunden, gefangen von zwei Schnapsdrosseln. Ich schwöre mir, nie, nie wieder in Urlaub zu fliegen…

Dienstag, 30. Juli 2013

19. April, Zelda Guestfarm > Windhoek, Monteiro Camp


Der neue Morgen empfängt uns schon wieder mit Nieselregen, das Dach unseres Gartenhäuschens leckt mittlerweile und die Sitzpolster der campeigenen Stühle sind so durchnässt, dass wir uns genötigt sehen, das Frühstück anderswo einzunehmen. Mit allem Nötigen bepackt, ziehen wir unter den Vorbau des Sanitärgebäudes, wo es leidlich regengeschützt ist. Dort verzehren wir rasch unser Morgenmahl, bevor wir uns an die unangenehme Aufgabe machen, die vollgesogenen Zelte abzubauen. Schwer nur wollen sie in ihre Packsäcke rutschen, wiegen gefühlte Zentner und sind deshalb auch nur mit Mühe aufs Autodach zu hieven. Doch schließlich ist alles verstaut und wir treten unsere letzte Etappe Richtung Windhoek an. Wechselvolles Wetter begleitet uns, doch je weiter wir nach Süden vordringen, desto sonniger wird es. Zwar dräuen hier und da noch dunkle Wolken, aber sie regnen nicht ab – zumindest nicht direkt über uns. Gen Mittag bereits erreichen wir trockenen Reifens Namibias Hauptstadt und steuern nach deren Durchquerung direkten Weges sofort den Schnitzermarkt beim Eros Airport an. Dort hatte ich vor zwei Jahren mein 10-Kilogramm-Lieblings-Nilpferd Jacob erworben. Nun hoffe ich natürlich erneut auf „fette“ Souvenir-Beute – nicht nur, weil ich ja noch Heinz’ Geschenkversprechen offen habe, sondern auch aufgrund unerklärlicher, urzeitlicher Jäger- und Sammlertriebe. Kein Urlaub ohne Andenken. Das schaffe ich einfach nicht.

Doch bereits als der Markt in unser Sichtfeld rückt, schwinden meine Hoffnungen: nur ganz wenige Verkaufsstände haben geöffnet, die meisten hingegen sind mit Kunststoffplanen abgedeckt, in deren Vertiefungen riesige Pfützen stehen. Hier hat es offenbar recht ausgiebig geregnet und man hat die Schnitzereien so gegen die Nässe geschützt. Mhm, das sieht nun nicht gerade nach dem ultimativen Souvenir-Shoppingvergnügen aus. Denke ich zunächst. Als wir aber unser Auto auf dem Markt parken, schießen plötzlich aus allen Ecken und Winkeln begeisterte Verkäufer hervor, decken bereitwillig ihre Kostbarkeiten für uns auf und wir schlendern genussvoll, begleitet von lauten Grüßen und einzigartigen Preisversprechen, zwischen den Verkaufsständen umher.

Hololo…
und seine Gattin Fauziah
Heinz’ Szepter
Schakalmann















Bereits beim ersten Rundgang entdecken wir einige hölzerne Zuckerl, die durchaus Chancen hätten, eine neue Heimat in unseren deutschen Wohnzimmern zu finden. Doch natürlich lassen wir uns unser Interesse nicht anmerken, sondern verschaffen uns zunächst einen Gesamt-Überblick, nehmen das ein oder andere, auch nicht so verlockende Stück in die Hand, winken ab, spazieren weiter. Nach der zweiten Runde jedoch haben wir unsere Entscheidungen getroffen und steigen gut vorbereitet in den Ring der Preisverhandlungen. Heinz hat es auf zwei Masken und ein Szepter abgesehen, mein Begehr gilt einem roh geschnitzten Elefanten und einem liegenden Löwen, der gewisse Ähnlichkeit mit seinen Kollegen im bayerischen Staatswappen hat – nach genetischer Verschmelzung mit einer Sphinx. Sofort preist mein Verkäufer seine Stücke in den höchsten Tönen an. Ach, nein, meine ich und heuchle Desinteresse, der Löwe sei ja wohl etwas dünn geraten und der Elefant sähe leider von hinten besser aus, als von vorne. Dass mir aber genau diese beiden „Minus-Punkte“ positiv ins Auge stechen, verschweige ich tunlichst und bekomme deshalb zahlreiche andere Viecher, dickere Löwen und „hübschere“ Elefanten, präsentiert. Mhm, nee, danke. „But I make you good price, Madam!“ Ich lasse mir pro forma den Preis für zwei stattliche, hochglanzpolierte (in meinen Augen hässliche) Tiere nennen, winke dann aber dankend ab – es wäre zu teuer – und spaziere zu Heinz und seinen Masken hinüber. Auch Schneck plagt sich mit überhöhten Preisen ab. Da komme ich gerade recht: als gestrenge Gattin, die keine Geldverschwendung duldet. Voll des Mitgefühls für den armen, unterdrückten Heinz, geht sein Händler gleich um zwanzig Prozent runter, doch ich, der Zerberus, schüttle weiter hartnäckig den Kopf. Mittlerweile ist mir jedoch mein Schnitzer mit seinen Werken, die ich gar nicht haben will, gefolgt und macht ein erheblich reduziertes Angebot. Ich tue, als geriete ich in Versuchung, doch diesmal spielt Heinz die dominante Sparnase und lehnt empört ab. Mein Verkäufer dreht enttäuscht um, wir folgen ihm, lassen Masken und Szepter links liegen und ich zeige Schneck die Stücke, die ich wirklich erwerben möchte. Sofort wird mir, meinen Blicken folgend, ein Preis genannt, natürlich erneut viel zu teuer. Doch ich führe jetzt einfach meine, im vorangegangenen Strategiespiel erworbenen Argumente ins Feld: es könne doch nicht sein, dass die abgemagerte Katze kaum weniger kosten würde als die eben angepriesene Stattlich-Wohlgenährte und der Preis des roh geschnitzten, hässlichen Dickhäuters beinahe dem des hochglanzpolierten hübschen Exemplars entspräche. Nach kurzem Nachdenken muss sich mein Souvenir-Dealer dieser überaus logischen Gedankenkette leider ergeben und senkt den Preis deutlich. Noch ein bisschen Tauziehen, ein bisschen Hin, ein wenig Her, und wir einigen uns auf einem höchst akzeptablen Niveau. Ein besiegelnder Handschlag, der Deal ist perfekt, wir grinsen und alle Beteiligten sind zufrieden. Alle – bis auf Heinz und seinen Verkäufer. Doch Letzteren nehmen wir nun nach dem selben Prinzip in die Zange und eine Viertelstunde später ist auch er so weit: für einen Bruchteil der ursprünglich geforderten Summe wechseln drei Schnitzwerke den Besitzer; niemand fühlt sich über den Tisch gezogen, niemand übervorteilt oder gar abgezockt. So soll es sein!

Popo Morijo
Löwe mit Sphinx-Allüren
Klein Lurchi














Herzlich verabschieden wir uns nach den erfolgreichen Transaktionen von unseren Andenken-Providern, stapeln die Beute beseelt lächelnd ins Auto und fahren Richtung Süden, wo wir unser Lager, wie auch schon am Beginn der Tour, in Monteiro aufschlagen. Dann machen wir uns fein, soweit das mit den staubigen Miefeklamotten eben möglich ist, klettern erneut in das leergeräumte Auto, um abermals zurück nach Windhoek City zu düsen. Dort stellen wir den Wagen auf einem bewachten Parkplatz in der Independence Ave ab und schlendern danach gemütlich über die angrenzende Post Street Mall. Viel Zeit zum Bummeln bleibt uns allerdings nicht, denn diesbezüglich ist Windhoek ein Dorf, in dem die Bürgersteige früh hochgeklappt werden und die Geschäfte ebenso zeitig schließen. Doch es reicht noch, um ein paar vermeintlich stylishe Kleidungsstücke in einem Modehaus anzuprobieren, die sich aber als seltsam geschnitten und sehr unvorteilhaft erweisen. Es reicht sogar noch, um einige Souvenir-Etablissements abzuklappern, dann aber, um 18 Uhr, ist Schicht im Schacht, alle Läden machen zu. So also spazieren wir Richtung „The Gourmet“, der ehemaligen Kaiserkrone, unserem Lieblings-Fresstempel, wo wir unser Abschiedsdinner einzunehmen gedenken. Doch neben dem Eingang zum Restaurant bleiben wir kleben – hier nämlich befindet sich ein Antiquariat und es hat noch geöffnet. Herrlich! Ein winziger Laden, bis unter die Decke vollgestopft mit unzähligen Büchern; Prosa, Poesie, Bildbände, Fachliteratur über alle möglichen Themen, in allen möglichen Sprachen – ein wahres Paradies! Und ein deutschsprachiger Buchhändler steht uns obendrein mit Rat und Tat zur Seite. Klar, dass sich unsere Essensaufnahme in diesem Falle hintenan stellen muss. Nach einer vergnüglichen, sehr informativen Stunde jedoch, möchte dann auch der Bücheronkel in seinen wohlverdienten Feierabend gehen und komplimentiert uns freundlich, aber bestimmt hinaus.

Vor Windhoek
Der "China"-Zaun
Sprachgemisch











Schwer bepackt verlassen wir das göttliche Ladenlokal, um zehn Meter weiter das Esslokal zu stürmen. Nach einem prüfenden Blick gen Himmel lassen wir uns beruhigt auf der überdachten Terrasse des Gourmet nieder – der letzte Abend sollte schon standesgemäß „open air“ zelebriert werden, meinen wir – und ordern aus dem reichhaltigen Angebot ein paar mundwässernde Köstlichkeiten. Doch plötzlich, das Straußencarpaccio steht noch nicht auf dem Tisch, umwehen uns heftige Böen, das letzte Abendlicht weicht nachtfinsterer Dunkelheit, keine zwei Minuten später sitzen wir alleine auf der Terrasse und Sekunden danach bricht ein ohrenbetäubendes Gewitter los. Holla die Waldfee! Die besorgte Bedienung, die gerade unsere Vorspeisen servieren wollte, legt uns einen Sitzplatz im Inneren des Restaurants ans Herz, doch als wir diesen verschmähen, bringt sie uns zusätzlich zum Carpaccio eben noch vier Wolldecken, die uns vor der unter das Vordach stiebenden Regengischt schützen und gleichzeitig wärmen sollen – die Aussentemperatur nämlich ist schlagartig rapide gesunken. Wie die armen Sünder in unsere Decken eingemümmelt, genießen wir dennoch in vollen Zügen unser exquisites Entrée; als die Hauptgerichte folgen, ist das Schlimmste vorüber und wir können, mit locker übergeworfenen Plaids, die Grillteller wohlig degouttieren, den Abend trocken und kuschelig ausklingen lassen. Mit vollen Bäuchen, glücklich und zufrieden, begleichen wir schließlich gegen 22 Uhr unsere Zeche, sausen durch den immer noch strömenden Regen zum Parkplatz, entlohnen den mittlerweile nur noch auf unseren Wagen aufpassenden Parkwächter und machen uns auf den Weg nach Monteiro. Diese etwa fünfzehn Kilometer sind in der Regel problemlos zu fahren, doch bei solchen Witterungsverhältnissen kommt der sogenannte Defender-Faktor etwas erschwerend hinzu – Lüftung, Scheibenwischer, all der Schlechtwetter-Komfort ist bei diesem Fahrzeugtyp deutlich unterentwickelt, sodass wir uns mehr schlecht als recht, mehr tastend als sehend, mehr schwimmend als fahrend Richtung Auas-Berge bewegen, mit immer noch beschlagenen Scheiben auf unseren abschüssigen Stellplatz hinabmanövrieren und endlich dankbar und müde in unsere (noch) trockenen Zelte sinken.

Mittwoch, 17. Juli 2013

18. April, Masetleng Pan, Botswana > Zelda Guestfarm, Namibia


Kühl und feucht ist es, als wir frühmorgens aus unseren Zelten krabbeln, das Wetter bedeckt, die Pfanne wie ausgestorben. Irgendwie passt das alles recht gut zu unserer momentanen Abschiedsstimmung – ein Gefühl zwischen schmerzlicher Wehmut, nie zu stillender Sehnsucht und einem Quäntchen der Erleichterung, dass die ewige Fahrerei nun bald ein Ende haben wird. Bald, denn innerhalb der nächsten zwei Tage müssen wir ja noch Windhoek erreichen – das sind rund 460 Kilometer, von denen zwar 70 Prozent geteert sind, aber dennoch… Naja, auch das werden wir noch tapfer meistern! Zunächst aber frühstücken wir rasch, packen unser klammes Equipment ins Auto, säubern sorgfältig den Lagerplatz, dann erst nehmen wir die erste Etappe Richtung Namibia in Angriff. Dazu müssen wir jedoch erst mal wieder die elenden 18 Kilometer nach Ngwatle zurücklegen, was uns verständlicherweise nicht sonderlich erfreut. Doch halt, vor vier Jahren sind wir doch über eine Route weiter nördlich gekommen – wir haben diese als weniger verbuscht und deutlich übersichtlicher in Erinnerung und beschließen deshalb, es jetzt mal so herum zu versuchen. Das erste Problem hierbei aber ist bereits, besagte Ausfahrt aus der Masetleng Pan zu finden. Nach langem Gekurve endlich entdecken wir etwas Fahrspurähnliches im hüfthohen Gras, biegen vertrauensvoll ab und holpern, mehr schlecht als recht, durch die regenschweren Halme. Dann jedoch gehen die Probleme richtig los: der Weg verliert sich immer öfter im dichter werdenden Gebüsch, mehrmals müssen wir riesige Erdlöcher umfahren, umgestürzte Bäume versperren die ehemalige Pad. Schließlich sehen wir uns sogar genötigt, das Fahrzeug zu verlassen und Jochen per pedes durch den unübersichtlichen Irrgarten zu lotsen. 

Noch sieht man die Spur
Regen, Weg weg...
...gute Miene zum grasigen Spiel










Und das macht wahrlich keinen Spaß, denn mittlerweile nieselt es wieder, der Sand klebt schwer an unseren Schuhen, vollgesogene Ähren klatschen gegen unsere Oberschenkel, wir sind über und über mit Spelzen bedeckt, fedrige Pergularia-Samen kleben auf der Haut, Ranken haften an unseren Beinen und wir kommen nur im Zeitlupentempo voran. Jochen befindet sich am Rande seiner Contenance – uns geht es nicht besser. Als wir nach zirka zwei Kilometern des Durch-den-Busch-Tastens plötzlich vor einem unüberwindlichen, meterbreiten Loch stehen, verlässt uns der Optimismus, die Geduld folgt ihrem flüchtenden Kollegen auf dem Fuße und völlig entnervt geben wir auf. Nichts wie zurück! Vorsichtig, mit respektvollem Abstand zum Monsterloch, wendet Jochen den Wagen, wir klettern wieder an Bord und eiern die ganze Strecke retour. Nur gut, dass unsere Spuren noch einwandfrei zu erkennen sind. Endlich erreichen wir erneut unseren Ausgangspunkt an der Pfanne und sind total frustriert – erst recht, als wir einen Blick auf die Uhr werfen: dieses fruchtlose Abenteuer hat uns mehr als zwei Stunden gekostet! Verdammt! Und weitere zwei Stunden liegen nun vor uns, um wenigstens wieder auf den Hauptweg zu kommen. Heilig’s Blechle, ist das eine zähe Angelegenheit. Immerhin lässt sich unsere Anfahrtsroute von gestern, mit viel Phantasie, gerade noch so erahnen, sodass wir nicht abermals durch den Busch irren müssen. Aufgrund dieser Tatsache können wir bereits nach unerwartet kurzen eineinhalb Stunden, man glaubt es kaum, unsere Reifen auf die Hauptpiste setzen. Nun aber nix wie weg von hier!

Auf dem "Weg" aus der Pfanne
Pergularia daemia: Schote
Pergularia daemia: Samen










Gut durchgenudelt, aber auch schwer erleichtert, rattern wir nun auf der recht angenehmen Pad dahin, halten kurz mal hier für eine Schildkröte, mal da, um hinter einen Busch zu pinkeln, ansonsten treibt es uns in erster Linie nur vorwärts, vorwärts, vorwärts. Doch obwohl wir ziemlich zügig vorankommen, zieht sich die Strecke bis zur Grenze wie Kaugummi. Die Landschaft ist verbuscht, das trübe Licht, das durch die graue Wolkendecke sickert, schluckt alle Farben – aber wenigstens regnet es nicht. Noch nicht. Gen Spätnachmittag erreichen wir endlich die Grenze, verlassen Botswana, entern Namibia und biegen 25 Kilometer weiter westlich, nach einem kleinen Pfützenslalom auf der gut ausgebauten Teerstraße, rechts ab, um auf der Gästefarm Zelda einzuschecken. Die Zufahrt dorthin ist ein einziges Lachenmeer, der Parkplatz vor der Rezeption gleicht einer nacheiszeitlichen Seenplatte und wir werden, obwohl der Himmel gerade dichthält, von einer Tropfenflut empfangen, die aus den im kalten Wind schwankenden Laubbäumen auf uns herniederprasselt. Bah, ist das ungemütlich! Fröstelnd melden wir uns an, erfahren, dass seit Januar bereits 1100 mm Wasser auf diese trockene Gegend herabgeregnet sind – fast das Dreifache des üblichen Jahresdurchschnittes – und bekommen zu allem Überfluss auch noch eine völlig ungeschützte Campsite zugewiesen. Und das, obwohl der ganze Platz menschenleer ist. Danke für die Gastfreundschaft!

Öde Pad durch öden Busch
Nette Abwechslung!
Hier will keiner wohnen!










Ziemlich genervt kurven wir auf dem Camping-Areal umher, entdecken einen lauschigen Gartenpavillon und beschließen kurzerhand, uns über die Platz-„Empfehlung“ des Campmanagers hinwegzusetzen. Hier ist kein Schwein, also dürfen wir uns ja wohl bitte hinstellen, wo wir wollen! Gesagt, getan. Als unser Lager aufgebaut ist, sehen wir uns ein wenig auf dem Gelände um und müssen feststellen, dass es sehr wohl doch ein Schwein gibt: ein Stachelschwein. Die arme Sau wohnt, ganz in unserer Nähe und sicherlich nicht freiwillig, in einem eingezäunten Gehege. Dieses Inhaftierten-Schicksal teilt sich der Großnager zudem mit zahlreichen weiteren zwei- und vierbeinigen Leidensgenossen, unter anderem auch vier Geparden und einem Leoparden. An der Fütterung der Raubkatzen darf der geneigte Gast gerne täglich teilhaben, so besagt ein Schild vor den, unter Strom stehenden, Zwangsrevieren. Mindestens ebenso gerne verzichten wir auf diese Einladung, die uns doch, preisinklusive, endlich das Erlebnis vermitteln würde, die afrikanische Tierwelt wahrhaftig und hautnah kennenzulernen, statt nur schimpfend durch unbelebtes Buschland zu holpern. Doch nein! Widerspenstig, wie wir sind, ignorieren wir diese touristische Pseudo-Natur-Offerte und geben uns stattdessen lieber der Vorbereitung unseres Abendessens hin. Wir sitzen noch nicht lange in unserem heimeligen Pavillon, als auch unser Widerborst bezüglich der Platzwahl fürstlich belohnt wird: es beginnt wie aus Kannen zu regnen…

Heinz freut sich über Schildi
Oh mei, oh mei!
Die arme Sau










Doch wir sind ja fein raus, hocken im Trockenen und können so unser Dinner unverwässert genießen. Nach dem Abwasch, den heute prima der Himmel für uns hätte erledigen können, beschließen wir – als wäre es noch nicht genug des Wassers – das Waschhaus aufzusuchen und uns eine Dusche zu gönnen. Rasch huschen wir, mit Hygiene-Artikeln bewaffnet, durch den Regen und delektieren uns am warmen Nass, das uns den Staub und Schweiß der vergangenen Tage von der Haut spült. Weniger erbaulich hingegen ist das Sanitärgebäude selbst: es ist zwar zweckmäßig und sauber, hat aber eher den Charme eines Schlachthauses, das mit merkwürdig altbackenen, deplatzierten Accessoires wie Häkeldeckchen, Kunstblumen und rosa Badeteppichen dekoriert ist. In großzügigem Radius umrunde ich die grauenhaften pinken Fußpilzmatten und hülle mich dann, gut abgetrocknet und duftend, erneut in meine nicht minder ekligen Müffelklamotten. Herrschaft, wie gerne würde ich jetzt etwas Frisches anziehen! Leider aber ist nichts Sauberes mehr übrig; lediglich eine Tüte mit der Heimflugmontur schlummert noch in den Tiefen meiner Reisetasche – die jedoch werde ich erst überwerfen, bevor wir zum Flughafen fahren. Schnell noch was waschen, das wäre eine Option, dann hätte ich wenigstens für morgen was Sauberes. Tja, doch in Anbetracht der herrschenden Wetterverhältnisse ist das wohl ein wenig erfolgversprechendes Vorhaben. Seufzend füge ich mich meinem olfaktorischen Schicksal und spurte, drunter hui, drüber pfui, zurück zum schützenden Pavillon, wo ich mein Handy hervorkrame, um meine Mama anzurufen. Die nämlich hat heute Geburtstag. Und sie ist sofort am Telefon, weiß ganz genau, wo wir uns gerade befinden (ich hatte meinen Eltern vor dem Urlaub einen Tourplan nebst Landkarte übergeben) und freut sich sehr, dass ich an ihrem Ehrentag Netz habe und durchklingeln konnte. Auch ich freue mich tierisch, ihre Stimme zu hören, zu erfahren, dass zuhause alles gut ist, alle wohlauf sind und sich keine Katastrophen ereignet haben. Im Gegenteil: bei unserem kurzen Gratulations-Ratsch kommen wir natürlich auch aufs Wetter zu sprechen – und das ist in Deutschland definitiv besser als hier. Verheissungsvolle Aussichten, die uns die Abreise nochmal ein Stückchen leichter machen! Herzlich drücke ich meine Mama, verbal, durchs Telefon hindurch und verspreche ihr, auch die letzten Kilometer und den Flug noch heil zu überstehen, um sie in drei Tagen persönlich drücken zu können. Dann schalte ich meinen Kommunikationsknochen wieder aus, kappe die Verbindung zur frühlingshaften Heimat und wende mich erneut der regnerischen Realität zu. Frisch geduscht, aber etwas unbehaglich sitzen wir alle unter dem Dach unseres Pavillons, hätten uns eigentlich gerne noch einen gemütlichen Abend gemacht, doch es ist so feucht und kühl, dass wir bald in unsere trockenen Zelte schlüpfen und stattdessen dort diesen ermüdenden Tag ausklingen lassen.



Dieser Tag hatte doch noch ein paar weitere Impressionen:


Gut, dass wir ein schnelleres
Gefährt haben!
Sicher auch nicht besser da...
Leeres Versprechen











Netter Wohnort
Die Entscheidung fällt "schwer"
Wir nähern uns der Grenze







Der Baum ist scho schee!
Zelda in der Regenpause
Betthupferl











Schwammerl in
Afrika –  Hilfe!

17. April, KTP, Sizatswe Pan > KD1, Masetleng Pan


Holla, was für eine Nacht! Im Zelt war es ungewöhnlich hell, denn wir hatten Vollmond, dessen von keiner Wolke getrübter Schein, potenziert durch die Reflexion der Pfanne, munter durch den schweren Baumwollstoff und die Mückengaze leuchtete. Doch damit nicht genug. Stundenlang durften wir zudem der Unterhaltung dreier Uhus lauschen, die sich, ganz in unserer Nähe und in jammervollem Tonfall, extrem viel zu sagen hatten. Bububu. Buuuhbubuuuh. Bubuuuhbu. Immer schön im Wechsel; erst der mit der tiefen Stimme, dann der mit der etwas helleren und zuletzt der Kamerad mit den geschädigten Stimmbändern, dessen Jammerarien sehr heiser und angestrengt klangen. Als die Drei dann endlich ihr sorgenvolles Gespräch beendet hatten, kurzfristig friedvolle Ruhe einkehrte und wir gerade wieder am Einschlafen waren, gesellte sich erneut ein geräuschvolles Wesen zu uns. Schnüffel, schnauf, prust, röchel, schnupper! Unser Zelt schien immens interessant zu sein, leider aber nur auf den Seiten, durch die wir nicht hinaussehen konnten. Jetzt geht langsam die Sonne auf, der Schnüffler ist, ohne dass wir ihn hätten identifizieren können, bereits in den Tiefen der Kalahari verschwunden, und wir robben im ersten Morgenlicht aus dem Zelt, um nach Spuren des nächtlichen Atmers zu suchen. Gehört haben wir ihn ja überdeutlich, zu sehen aber ist nichts. Kein verräterischer Fußabdruck, kein Häufchen – absolut nichts. Schade! Denn gerne hätten wir gewusst, wer uns da so überaus interessiert mit seiner inhalativen Gegenwart beehrt hatte.


Bockkäfer
Der nächtliche Atmer?
Oryxherde mit Kindergarten










Doch das werden wir wohl nie erfahren. Trotzdem lassen wir uns das Frühstück schmecken, brechen wohlgelaunt das Lager ab und machen uns, mit großer Hoffnung auf einen abwechslungsreichen Tag, auf den Weg zu unserem nächsten Etappenziel, der Masetleng Pan. Kaum kurven wir aus unserem Camp heraus, blockiert auch schon ein Schakal die Pad. Der Atmer? Wie angewurzelt steht er da und starrt uns an. Dann geht ein Ruck durch seinen Körper, er dreht sich um und schnürt bestimmt einen halben Kilometer leichtpfotig vor uns her, bis er schließlich doch im dichten Gebüsch verschwindet. Kurz darauf stoßen wir auf eine kleine Oryxherde, die einen Kindergarten mit sich führt. Aus großen braunen Augen werden wir gemustert, als ungefährlich eingestuft und danach einfach nicht mehr beachtet. Wir erfreuen uns an der Unscheuheit der großen Antilopen mit der markanten Gesichtszeichnung und deren fluffigem Nachwuchs, in dessen Fell man auch schon deutlich die dunklen Streifen erkennen kann. Hah, denken wir, dieser Tag fängt ja ganz hervorragend an; so darf es weitergehen! Doch unsere Freude währt nicht lange. Das Gerumpel, das uns bereits gestern so ermüdet hatte, geht nämlich erneut los. Wieder holpern wir Kilometer um Kilometer durch dichtes, scheinbar unbelebtes Buschland, Meile um Meile zerrt die ereignislose Fahrerei mehr an unserer Konzentration und Geduld. Besonders Heinz ist ziemlich genervt – er kann wegen des Geholpers nicht schlafen und sich nicht, wenigstens per Traum, in die Zauberwelt der vergangenen Tage flüchten. Und auch ich fühle eine gewisse Teilnahmslosigkeit in mir aufsteigen. Doch bevor die lauernde Lethargie Gelegenheit bekommt, von uns allen Besitz zu ergreifen, erreichen wir Kaa Gate, den nördlichen Ausgang des KTP. Wir erledigen die Auscheck-Formalitäten und sind fast dankbar für diese Abwechslung, die uns der Papierkram bietet. Allzu rasch allerdings ist das Nötige erledigt und erneut finden wir uns auf der Piste wieder.



Kaa Gate
Brandschneise
Hinweisschild KD1










Und jetzt, da wir den Nationalpark verlassen haben, verändert sich auch die Landschaft. Natürlich hauptsächlich deswegen, weil hier Menschenhand im Spiel ist. Schnurgerade zieht sich eine breite Schneise durch das Gelände, eine gerodete Trasse bar jeglichen Buschwerks, die im Falle eines Brandes das Überspringen der Flammen von einer Seite auf die andere verhindern soll. Die Betonung liegt auf soll. Ob das im Moment allerdings auch in der Praxis funktionieren würde, können und wollen wir so nicht unterschreiben. Denn rechts und links der sandigen Piste, die wie ein Rückgrat durch die Mitte der Trasse führt, steht – dicht und hoch – knochentrockenes Gras. Das würde brennen wie Zunder. Aber es brennt ja gerade nicht. Nur das von uns so geliebte Gras ist leider erneut omnipräsent, behindert unsere Sicht und, mit Verlaub, ödet uns wirklich an. Stoisch, ja gelangweilt, juckeln wir dahin, machen hin und wieder eine kleine Pause, steigen aus, sehen nichts, steigen wieder ein, fahren weiter. Lange schon haben wir das KD1, eine Wildlife Management Area erreicht, als sich endlich wieder ein wenig Leben vor uns zeigt. Es ist eine Straußenfamilie, die durch das Gras der Schneise schreitet. Mama, Papa und fünf Kinder. Die kleine Familie fühlt sich durch unser herannahendes Auto bedroht und tut nun etwas, was jeglicher (menschlichen) Logik entbehrt: auf der Flucht vor uns und unserem Blechungetüm sausen die Laufvögel auf die hindernisfreie Fahrspur – in der verständlichen, aber völlig widersinnigen Hoffnung, sich dort möglichst schnell vor uns in Sicherheit bringen zu können. Natürlich geht der Plan nicht auf. Panisch rennen die Tiere vor uns her. Fahren wir langsamer, entspannen sie sich ein wenig, geben wir Gas, werden auch sie schneller, halten wir an, bleiben sie ebenfalls stehen. Gerne würden wir sie dazu animieren, die Fahrspur zu verlassen, bleiben den Vögeln deshalb auf den Fersen, aber sie weichen nicht einen Meter zur Seite. Wir sind ratlos. Irgendetwas muss passieren, zumal das kleinste der Straußenkinder immer weiter zurückbleibt, mehrmals strauchelt und, der weit geöffnete Schnabel zeigt es deutlich, bereits völlig außer Puste ist. Wir drosseln gerade unser Tempo, um dem Nesthäkchen Gelegenheit zum Aufschließen zu geben, als das Muttertier plötzlich nach rechts ausbricht und in den Büschen verschwindet. Papa Strauß folgt ihr kurz darauf, während die Jungen kopflos weiterrennen. Wir stoppen, die Kleinen kommen zur Besinnung, orientieren sich kurz und folgen schließlich ihren flüchtigen Eltern in den Schutz des Gestrüpps.


Das keuchende Nesthäkchen
Mama und Papa sausen
Papa macht die Biege










Erst als auch der letzte Jungvogel, der keuchende Winzling, sich wieder im sicheren Schoße seiner Familie befindet, setzen auch wir beruhigt und erleichtert unseren Weg fort. Gefühlte Stunden später, nach weiterem end- und ereignislosem Gerumpel, geht die Sandpiste der Feuertrasse urplötzlich zu Ende und mündet in eine staubige Schotterstraße, die uns nun weiter Richtung Nordwesten lenkt. Heissa, was für ein Gefühl! Das elende Wellblech, das uns so lange durchgerüttelt hatte, weicht hier einem fast asphaltähnlichen, feinen Kiesbelag und wie beflügelt brettern wir einige Kilometer auf dieser Himmelspiste so dahin. Bald aber verebbt die anfängliche Begeisterung, denn diese Pad ist eben auch nur schnurgerade und ereignislos. Zeit, mal eine Pause einzulegen. Doch sogar die bringt wenig Abwechslung, sodass wir uns bald erneut in unseren fahrbaren Untersatz schlichten und weiterdüsen. Eine gewisse Vorfreude jedoch erfüllt mich trotzdem, denn, laut Karte, werden wir bald die Western Woodlands erreichen. Das ist ein Landstrich inmitten der Kalahari, der mich im Jahre 2007 mit seiner landschaftlichen Andersartigkeit völlig in seinen Bann gezogen hatte. Eine weite, goldgrasige Ebene, bestanden mit relativ hochstämmigen, unterwuchsfreien Bäumen, unterbricht hier das struppige Buschland und verzauberte mich damals mit seiner fast feenländischen Ausstrahlung.


Hübscher Wegelagerer
Stichst du?
Der Zauberwald ohne Zauber










Nicht lange, und wir sind tatsächlich da. Doch meine erwartete Verzückung will sich nicht einstellen. Hier hat sich nichts zwar verändert, es sieht genau so aus wie vor vier Jahren, dennoch ergreift es mich diesmal nicht, der Zauber bleibt aus. Auch Heinz, dem ich in höchsten Tönen von diesem Märchenwald vorgeschwärmt hatte, empfängt den Funken nicht. Fragend sieht er mich an. Ich zucke enttäuscht die Schultern, weiß es nicht zu erklären. Im Nachhinein aber scheint es klar. Schon im Deutschunterricht lernt man, was ein Spannungsbogen ist und wie er sich aufbaut: These, Antithese, retardierendes Moment, Klimax, Synthese. Nach diesen Kriterien sollte man auch eine Reiseroute planen. Langsam einsteigen, Kontrapunkte setzen, verweilen, den Höhepunkt ansteuern und gleich danach – heimfliegen. Doch daran haben wir uns heuer nicht wirklich gehalten und uns leider das retardierende Moment für den Schluss der Reise aufgehoben. Und jetzt haben wir, wie der Bayer sagt, den Dreck im Schachterl. Sprich, wir sind fast am Ende unserer Tour und der Höhepunkt liegt bereits eine Weile hinter uns, weshalb uns die arme Kalahari nun etwas langweilt. Dabei kann sie ja gar nichts dafür. Doch wie dem auch sein, wir müssen da durch und einfach das Beste daraus machen.

Die Gravelroad nach Ngwatle

Empfangskommittee
Ngwatle City










Also, Kopf hoch, Augen geradeaus und das Wenige, das sich uns darbietet, aufsaugen. Leicht gesagt, mühevoll getan. Wenig später, wir sind schon wieder ins übliche Buschland abgetaucht, erreichen wir Ngwatle. Ein winziges Dorf in den unendlichen Weiten der Kalahari und eine der insgesamt drei Communities, die das KD1 managen. Hier kommen recht selten Touristen vorbei und so ist es kein Wunder, dass uns sogleich ganze Heerscharen nackter Kinder entgegengesprungen kommen. Kreischend und lachend geleiten sie uns durch das Dorf, wo wir das Gebäude suchen, in dem wir unsere Übernachtungsgebühr entrichten können. Und obwohl kein Schild das gesuchte Office, das eigentlich ein Wohnhaus ist, kennzeichnet, so finden wir es beinahe sofort: es ist das einzige ziegelgemauerte Bauwerk weit und breit. Wie auch bei uns, ist hier die Stellung der jeweiligen Bewohner innerhalb der Siedlungshierarchie sofort zu erkennen. Die uns bekannten Immobilientypen Hochhaus, Reihenhaus, Einfamilienhaus, Villa (grob vereinfacht), sehen hier zwar deutlich anders aus, tun aber ebenso offensichtlich kund, wer Geld und was zu sagen hat und wer nicht – vielleicht sogar noch deutlicher, als das in unserer Heimat ersichtlich ist. Runde Lehmhütten, mit Brettern verstärkte eckige Lehmhütten, Wellblechschuppen; so ist die Staffelung in Ngwatle. Der Ziegelbau entspricht in diesem Falle der Villa; dort sollten, nach Adam Riese, wichtige, tonangebende Menschen wohnen. Und richtig! Sofort schreitet uns die Dame des Hauses entgegen – die Kinder halten respektvollen Abstand – und kassiert uns ab, bevor wir, begleitet von freundlichen Wünschen und quiekenden Kindern, erneut ins unbewohnte Buschland entlassen werden.


Eckiges Lehmhaus
Sogar mit Anbau!
Runde Hütte










Ein paar hundert Meter weiter, die Richtung haben das GPS, unsere Erinnerung und die Fahrspur vorgegeben, stehen wir plötzlich vor einer riesigen Blechtenne, an der mehrere junge Männer eifrig bauen. Der Weg allerdings ist hier zu Ende. Wir fragen uns bei den Baumeistern durch und filtern aus dem typisch afrikanischen Fächer unterschiedlicher Informationen heraus, wie wir zur Masetleng Pan kommen: zirka dreissig Meter zurück, am Schild rechts, um den Schuppen herum und dann immer der Fahrspur nach. Aha. Den Anweisungen folgend, kehren wir um, sehen tatsächlich ein Schild. Masetlheng, 18 Kilometer, steht darauf geschrieben, völlig verwittert, kaum noch lesbar. Doch wenn man weiß, was draufsteht, fügt es das Gehirn schon zu einigermaßen leserlichen Buchstaben zusammen. Deutlich anders sieht es da mit der angekündigten Fahrspur aus. Sie ist gekennzeichnet durch hohes Gras, das in ansatzweise ahnbarem Reifenabstand eben dort etwas kürzer ist, wenn auch nur unwesentlich. Jetzt, in dieser Situation, wäre ein schnurgerader Streckenverlauf mal echt hilfreich, aber natürlich zieht sich die Graspiste in sich windenden Kurven durch unübersichtlichen Busch. Mit nicht viel mehr als fünf bis zehn Stundenkilometern tasten wir uns tapfer durch den dichten Bewuchs, holpern über gefährlich tiefe, große Erdlöcher hinweg, bevor wir am späten Nachmittag wirklich und wahrhaftig da landen, wo wir hin wollten. Masetleng Pan liegt vor uns! Eine wunderschöne, weitläufige Salzpfanne, im Zentrum vegetationslos, dafür aber bevölkert von hunderten von Springböcken.


"Ganz wichtiges" Haus
Kaum noch lesbar
"Wichtiges" Haus











Erleichtert über unsere Ankunft und angetan von dem, was wir sehen, halten wir an, springen aus dem Auto und atmen erst mal tief durch. Die Springböcke blicken derweil aufmerksam zu uns herüber. Ganz willkommen sind wir ihnen wohl nicht, denn der größte Teil der Tiere zeigt deutliche Absentierungstendenzen. Nein, es ist keine wilde Flucht, sie verfallen nicht in panischen Galopp, sondern gestalten ihre Distanzgewinnung durchaus unauffällig: wie angelegentlich schlendern sie langsam ans andere Ende der Pfanne, nehmen hier und da noch einen Grashalm-Snack, lassen uns dabei aber nie aus den Augen. Irgendwann erscheint ihnen der erreichte Abstand zu uns groß genug und sie bleiben wieder entspannt zum Grasen stehen. Wie weiß-braune Stecknadelköpfe dekorieren sie nun den südlichen Pfannenrand, sind kaum noch als einzelne Individuen zu erkennen. Annette und Jochen bedauern das sehr, Heinz und ich hingegen haben uns lange schon anderen, ebenfalls winzigen Kleinodien der Kalahari zugewandt und fotografieren eifrig die Flora der flachen Pfannenränder. Aufgrund der schwierigen und äußerst speziellen Bodenverhältnisse im äußeren Vegetationsgürtel von Salzpfannen überleben hier nur sehr zähe, extrem tolerante Pflanzen, die mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen haushalten müssen. Oft bilden sie deshalb, quasi als Sparmaßnahme, nur kleine Blüten aus. Doch auch diese sind, bei näherem Hinsehen, wunderschön! Kleine weiße Heliotropium-Sternchen, fragile Xenostegia-Kelche, blau-weiß gestreifte Aptosimumblütchen, zartrosa Ipomoeas, gelbe, fünfpetalige Sebaeas, magentafarbene Gisekias und, und, und. Toll! Diese Flora ist, im wahrsten Sinne des Wortes, eine winzige Entschädigung für einen weitestgehend drögen Fahrtag und versöhnt uns wieder ein bisschen mit der armen, unschuldigen Kalahari.

Gisekia africana
Xenostegia tridentata
Exochaenium grande












Doch, so schön unser Standort gerade auch ist, langsam sollten wir uns wieder auf den Weg machen und einen Lagerplatz für heute Nacht suchen. Es soll hier ja eine Campsite geben – die haben wir zwar schon vor vier Jahren vergeblich gesucht und stattdessen unsere Zelte am südlichen Pfannenrand aufgeschlagen, da, wo jetzt die Springböcke stehen. Heuer allerdings ist die Vegetation sehr viel dichter und unser ehemaliges Nachtquartier von strotzend grünen Pflanzenpolstern bewachsen, die wir auf keinen Fall beschädigen möchten. Also machen wir uns erneut auf die Suche nach der ominösen Campsite. Doch wie auch damals schon umkurven wir wieder die nördliche Seite der Pan, stoßen auf einer kleinen Anhöhe abermals auf das verwitterte Camp-Hinweisschild – und landen, déjà-vu-mäßig, im dichtgrasigen Nichts. Verdammt, das Schild zeigte eindeutig in diese Richtung, genau hierher, aber die Fahrspur endet im Nichts und es ist beim besten Willen keine Campsite zu erkennen. Trotzdem fahren weiter durch den Dschungel der Halme, so lange, bis zwei große Bäume unserem Fortkommen ein abruptes Ende setzen. Na gut, dann schlagen wir eben hier unser Nachtlager auf! Das jedoch ist schneller gesagt als getan: wenn nämlich unsere Zelte einigermaßen gut stehen sollen und wir nicht die ganze Pfanne abfackeln wollen, müssen wir zuerst das trockene Gras großflächig eliminieren. Seufzend roden wir also zunächst zwei kleinere Areale für die Zelte und ein sehr ausgedehntes fürs Lagerfeuer, bevor wir uns wohnlich einrichten. Während Heinz im Anschluss noch zwei En-suite-Klolöcher direkt neben den Zelten gräbt, bauen Annette und ich das Küchenequipment auf und Jochen macht sich auf die Suche nach Brennholz. Mit ein paar armdicken Baumteilen kehrt er wieder – dennoch erkennbar unzufrieden – erspäht dann aber den mächtigen, dürren Ast, der in gut zweieinhalb Metern Höhe genau die Stelle überragt, unter der wir Frauen am Tisch sitzen und Vorbereitungen für das Abendessen treffen. Mit offenen Mündern beobachten wir ungläubig, wie sich Jochen mit der Axt auf den Baum schwingt und an besagtem Ast zu schaffen macht und Heinz, voller guter Absichten, sich als Gewicht daran hängt, mit den Beinen fast über unserem Essplatz baumelnd. „Aber sonst ist alles okay mit euch, ja?!?“ „Wir brauchen Holz!“, keucht Jochen und hackt unverdrossen auf den Ast ein. Kopfschüttelnd versetzen Annette und ich den Tisch ein paar Meter nach hinten, um das Tun unserer Männer fernab der Gefahrenzone skeptisch weiter beobachten zu können. Der Ast jedoch ist widerspenstig, die Axt stumpf und Heinz definitiv zu leicht, um die Demontage des Brennmaterials entscheidend voranzutreiben. Als sich nach einer Viertelstunde immer noch nichts bewegen will, klettert Jochen schließlich entnervt vom Baum. „Schweres Gerät muss her!“, schnaubt er und hechtet zum Auto, um die Abschleppschlinge hervorzuholen. „Nein, halt, hallo, ihr spinnt wohl!“, intervenieren wir, „Wir brauchen doch keinen Scheiterhaufen, um unsere vier Steaks zu braten! Schluss jetzt!“ Unser Machtwort zeigt erstaunlicherweise tatsächlich Wirkung, Jochen lässt von seinem Vorhaben ab – wenn auch nicht gerne, so doch wenigstens einsichtig –, Heinz hüpft mit zerschundenen Händen auf den Boden und Minuten später lodert ein gemütliches Feuer durchaus akzeptabler Größe in der dafür vorgesehenen Sandkuhle.

Dieser "Weg" führt zum Ziel
Masetleng Pan
Springbockherde










Wohlig wärmen wir uns an dessen Flammen, lauschen den Geräuschen der Nacht, beobachten den sich immer mehr bedeckenden Sternenhimmel und das Entstehen eines recht befriedigenden Haufens glühender Holzkohle, dem wir schließlich unser Fleisch nebst diverser Maiskolben anvertrauen. Ein Dinner voller Aromen rundet diesen, für unser Empfinden doch recht geschmacksneutralen, Tag versöhnlich ab. Weniger versöhnlich hingegen geleitet uns bald danach ein kühler Nieselregen in die Zelte. Mhm, da aber ist es richtig kuschelig und trocken. Leise hauchen die kleinen Tropfen ihren Schall in die wolkenverhangene Dunkelheit, ein letztes Mal für diesen Urlaub – das wird uns erst jetzt richtig bewusst – umfängt uns die tröstende Abgeschiedenheit, die wohltuende Wildnis, das warm pochende Herz Afrikas in seiner reinsten, menschenleeren Form. Eng kuscheln wir uns aneinander, um noch einmal diesen Zauber in uns aufzusaugen; bald aber lullt uns die heimelige Geräuschkulisse derart ein, dass wir rasch in Morpheus ausgebreitete Arme sinken und einschlafen.


Weitere Sichtungen des Tages: 
 

Tribulus zeyheri
Blattwanze

 Aufbau des Essensplatzes


Masetleng Pan
Ferne Springböcke
Lageridylle


Schneck gräbt unser Klo
Blick auf die Pfanne

























Xenostegia tridentata
Heliotropium sp.
Senna italica
Aptosimum albomarginatum