Donnerstag, 5. März 2020

UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG - UMZUG

Ich bin umgezogen und nun zu finden unter BARIEZ.COM



Dort gibt es einiges zu sehen und zu lesen:


Nicht nur ein Blog, sondern auch normale Website
Die Website enthält alle Reiseberichte, die auch hier erschienen sind

Das Design der Blogbeiträge wurde modernisiert und ist nun viel ansprechender

Es gibt eine Vielzahl von Tipps, sodass eine Afrikareise zu einem Erlebnis wird, von dem alle was haben - Land und Leute und du selbst

Hier findest du Informationen zu den dringendsten Fragen über Krankheitsüberträger und wie man sich davor schützt, was man vorab und vor Ort tun kann, um gesund zu bleiben, was ratsam ist, mitzunehmen, wie man mit seinem eigenen Benehmen möglichst wenig aneckt und auch, wie man Dinge wie das Trinkgeld handhabt.

Im Moment gibt es zudem 7 vollständige Reiseberichte hier zu finden. Ob nun Südafrika, Namibia, Botswana, Sambia, Tansania, Ruanda oder Uganda - es ist für jedes Interessengebiet etwas dabei.

Leider komme ich mit dem Schreiben nicht mehr hinterher, sodass noch zwei Berichte ausstehen. Doch um sich ein vorab ein Bild machen zu können, gibt es je eine Bildergalerie (2017 und 2019) mit den schönsten Eindrücken dieser Reisen mit den noch fehlenden Reiseberichten.

Der Reisebericht über Madagaskar hingegen ist gerade am Gedeihen.


Viel Spaß beim Lesen, Stöbern und Schauen
wünscht euch nun Barbara 
auf BARIEZ.COM



Mittwoch, 12. Februar 2020

12. Oktober 2018; Kirindy Forest, Auf der Pirsch - Teil 2

Doch diese Vormittags-Exkursion neigt sich jetzt ihrem Ende zu. Zur besten Mittagsessenszeit kehren wir ins Camp zurück und eilen gleich mal, mit Christian im Schlepptau, zu unserem Bungalow. Er möchte nämlich gerne wissen, ob die Fossa noch da ist – wie wir übrigens auch. Und ja, da liegt sie, wie hingegossen, neben unserem Nachbarbungalow und bläst leise schnarchend Atemluft in den staubigen Boden. „Sag mal, Christian, kann es sein, dass das gar nicht so einzigartig ist, wie wir denken? Ist das vielmehr eine Art Stammplatz fürs Fossa-Mittagsschläfchen?“ Christian hält sich bedeckt, sagt weder Ja noch Nein. Vielleicht will er uns die Freude über unseren tierischen Nachbarn nicht verderben, vielleicht aber geht auch etwas völlig anderes in seinem Kopf vor. Es ist Letzteres, doch was das ist und welche Folgen es hat, werden wir erst am nächsten Tag erfahren.

Nun aber nickt Christian zufrieden, wünscht uns eine erholsame Pause und verspricht, pünktlich um halb vier auf dem Parkplatz für einen neuen Walk zur Stelle zu sein, bevor er sich seinerseits zurückzieht. Heinz und ich deponieren unsere Tagesrucksäcke im Bungalow, schlüpfen in luftige Sandalen und schlappen dann zum Restaurant, wo wir unser Mittagessen einnehmen wollen. Hah, so weit hat man uns schon gebracht, dass wir freiwillig lunchen, obwohl das normalerweise nicht unser Ding ist. Doch die Walks machen hungrig, auch wenn wir gemächlichen Tempos durch den Wald schlendern, und wir müssen Kräfte für den Nachmittag und Abend tanken, um zwei weitere Exkursionen voller Elan angehen zu können. Unsere gewünschten Gerichte mussten wir übrigens schon beim Frühstück vorbestellen, genau so, wie das Frühstück beim gestrigen Abendessen und das Abendessen beim Lunch. Klar, hier sind die Versorgungsmöglichkeiten ziemlich eingeschränkt, fast alles muss aus weit entfernt liegenden Dörfern herbeigeschafft werden und da möchte man natürlich vorausplanen, soweit das irgend möglich ist. Verständlich. Doch das ändert nichts am von Haus aus dürftigen Speisenangebot, das besonders im Bereich der leichteren Kleinigkeiten eine deutliche Schwäche zeigt. So hat Heinz sich notgedrungen für Zebu entschieden, ich für Nudeln mit Tomatensauce. Es macht satt, übersatt, mehr will ich dazu nicht sagen... Und, dass wir jetzt fürs Abendessen vorbestellen müssen. Keine leichte Entscheidung – und doch nichts leichter als das, schließlich ist die Auswahl, wie bereits erwähnt, sehr begrenzt. Doch es gibt Wichtigeres als Essen. Zum Beispiel das anschließende Abhängen vor unserem Bungalow.

Sakalavenweber (Ploceus sakalava)
Riesen-Seidenkuckuck (Coua gigas)


















Und da gibt es wieder viel zu sehen: Larvensifakas, die hoch über uns in den Bäumen herumturnen, einen Wiedehopf auf Nahrungssuche, eine Schar gelbroter Sakalavenweber, eine Paradieswitwe mit blauem Augenring, Eidechsen, die die Sonne genießen, unsere immer noch schlafende Fossa, einen Riesen-Seidenkuckuck, der unglaubliche Geräusche von sich gibt, und, nicht zu vergessen: neu hinzugekommene Touristen.

Überall wuseln sie umher: Braune Makis
Auf dem Boden und in den Bäumen




















Langsam beginnt Heinz und mir auch klar zu werden, was Christian meinte, als er sagte, wir seien ja so lange hier. Das Eco Camp im Kirindy ist ein einziges Kommen und Gehen. Die Heerscharen von Touris, die gestern auf der Nachtexkursion zugange waren, kamen wohl größtenteils von außerhalb und verschwanden danach in umliegenden Lodges. Heute Morgen war wenig los und erst jetzt, am frühen Nachmittag, trudeln erneut Besucher ein. Im Bungalow hinter uns wird zum Beispiel ein italienisches Pärchen einquartiert. Die Donna, eine Muster-Matrone beeindruckender Ausmaße, beschäftigt sich sofort mit Dingen, die für Donnas typisch sind: Gepäck ordnen, Wäsche sortieren, ihren Gatten nerven, Kaffee trinken. Der Gatte hingegen, in kämpferisches Camouflage und Schilfgrün gewandet, bricht spähend im Gebüsch zwischen den Bungalows herum, schleppt eine zentnerschwere Fotoausrüstung umher und bedeutet seinem Eheweib, sich ruhig zu verhalten, um seine Pirsch nicht zu gefährden. Plötzlich eilt der Guide der Italiener herbei und brüllt in recht unprofessioneller Lautstärke durchs Gestrüpp: „Braune Makis, Signore, Braune Makis!“ Der Signore eilt zum Bungalow, fluchend, denn er hat das Stativ nicht am Mann, entledigt sich im Eifer des Gefechts seines T-Shirts, und postiert sich anschließend, seinen beachtenswerten, nackten Ranzen über den Hosenbund hängend, mit Kamera und Stativ zwei Meter neben unserem Häuschen. Ein Anblick mit einem gewissen Mangel an Ästhetik, doch wir amüsieren uns köstlich, zumal wir uns nicht im geringsten bemüßigt fühlen, den in großer Höhe herumturnenden Lemuren hinterherzujagen. Die hatten wir heute schon näher und, sozusagen, mit Handshake. Da können wir also die fernen Makis generös dem erregten Italiener überlassen und uns zusätzlich daran erfreuen, dass der Fossenbock noch immer unter dem anderen Bungalow ruht, unbehelligt vom Signore im Jagdfieber. Ach, was sind wir gemein...

Ein wenig betörender Anblick...
Als sich die Braunen Makis in die Baumkronen hinter dem Camp verflüchtigt haben, zieht sich auch der schwitzende Italiener mit seiner fotografischen Ausbeute in seinen Bungalow zurück und bereitet sich wahrscheinlich mental auf die Abendpirsch vor. Er schließt die Tür mit einem energischen Knall – und ward nicht mehr gesehen. Hätte er nur zehn Minuten länger ausgeharrt, wäre ihm der Fossenbock, der sein heutiges Tagesschläfchen für beendet erklärt, wohl noch vor die Linse gesprungen. So aber gestaltet sich das Erwachen der männlichen Senior-Fossa mal wieder zu einem Erlebnis, das einzig und allein Heinz und mir vorbehalten ist. Der Kater robbt unter dem Nachbar-Bungalow hervor, macht einen angedeuteten Katzenbuckel, streckt sich und trabt langsam von dannen, hinein in die Tiefen des Waldes. Dabei verteilt er eine großzügig bemessene Urinmenge. Doch nicht gezielt spritzend, wie ein Katzen-Kater es tun würde, sondern schlenkernd, während des Gehens. Das scharf riechende Pipi läuft ihm an den Innenseiten der Oberschenkel herab und wird mit entspannten Hüftschwüngen in der näheren Umgebung verteilt. Das Ganze hat ein bisschen was von Inkontinenz. Der Fossenbock ist auch schon reiferen Alters, was wir beim Gähnen an seinen abgenutzten Zähnen erkennen konnten, er wirkt jedoch alles andere als altersschwach. Doch wie auch immer dieses Verhalten zu deuten ist, ob nun als Inkontinenz, als alterslässiges Markieren oder gar als fossatypisch, so erklärt es zumindest überdeutlich, warum der Fossenbock gar so streng riecht...





Schnell noch herzhaft gegähnt ...
Dann macht er sich vom Acker


















Wir winken ihm hinterher und rüsten uns bald darauf – es wird Zeit für unsere Nachmittagsexkursion. Es ist immer noch sehr heiß, doch pünktlich um halb vier kann man eine leichte Abkühlung erahnen, für die wir sehr dankbar sind. Fitah und Mamy, unsere Hochlandjungs, natürlich erst recht. Allein Christian macht das nichts aus, er erscheint mal wieder, den Temperaturen ihren Tribut zollend, in kecker kurzer Hose, Flip-Flops und einem gewagt gemusterten Hawaii-Hemd. „Es ist heiß heute. Mal schauen, was wir bei dieser Hitze so entdecken können.“ Und ja, die Hitze schlägt zu Buche, was unsere Tiersichtungen betrifft. Wir sehen eine Madagaskar-Zwergohreule, die verschlafen blinzelnd aus einer kleinen Baumhöhle zwinkert, einen dicken schwarzen Skorpion, den Christian unter der Rinde eines abgestorbenen Baumes hervorkitzelt, dann tut sich lange nichts mehr. Christians alte Guidesorge scheint sich ob der dürftigen Tiersichtungen schon wieder ihren Weg zu bahnen, denn er sieht uns einige Male etwas prüfend und besorgt an. Doch offenbar kann er kein Zeichen der Verdrossenheit an uns erkennen. Im Gegenteil. Begeistert fotografiere ich die Rinden diverser Bäume und frage ihn ein Loch in den Bauch, Heinz erfreut sich an der warzigen Rübe einer Adenia und deren meterlangem Trieb und auch sonst fühlen wir uns gut unterhalten.

Verschiedene Baumrinden. Auch wenn ich sie nicht alle bestimmen konnte, so sind sie doch wunderschön.
1. Unbekannt 2. Commiphora arofy 3.Neobeguea mahafaliensis 4.Unbekannt 5. Unbekannt
6. Commiphora sp. 7. Adenia refracta 8. Commiphora sp. 9. Delonix floribunda 10. Adansonia rubrostipa
11. Zanthoxylum&nbsp tsihanimposa 12. Commiphora sp. 13. Hildegardia erithrosyphon 14. Unbekannt 15.Commiphora guillaumini






























Christian wirkt erleichtert, freut sich aber trotzdem riesig, als er uns gegen Ende unserer Exkursion noch einmal Schmalstreifenmungos präsentieren kann. „Ihr habt echt Glück, die sieht man nicht so oft!“, flüstert er. Wir schleichen uns an den munteren Trupp heran, verhalten uns dann still und warten ab. Die Mungos kommen immer näher. Eines der Tierchen beginnt, keine drei Meter von mir entfernt, erregt ein Erdloch zu buddeln. Portionsweise schaufelt es Erde hinter sich, das Loch wird immer tiefer. Der Mungo passt zuerst mit seinem Köpfchen rein, dann mit dem Oberkörper und verschwindet schließlich fast ganz in der Höhle. Zwar prüft er alle paar Sekunden, ob die Luft auch oberirdisch weiterhin rein bleibt, bemerkt jedoch scheinbar nicht, dass ich seine Buddelphasen nutze, um mich Zentimeter für Zentimeter näher zu pirschen. Als der Mungo schließlich Beute aus dem Loch sicherstellt und genüsslich verzehrt, bin ich ihm bis auf einen halben Meter auf den Pelz gerückt. Schmatzend und kauend behält er mich, etwas überrascht, im Auge, fiept dann kurz und trabt seinen Artgenossen hinterher, ohne übertriebene Eile walten zu lassen.

Schmalstreifenmungo mit viel Neugier ...
... und wenig Scheu


















„Ihr seid echt geduldig bei der Tierbeobachtung“, lobt Christian. „So nahe lassen sie einen selten ran. Habt ihr übrigens gehört, wie sie sich unterhalten? Aufgrund der Geräusche, die sie von sich geben, werden sie auf Malagasy Bokyboky genannt.“ Wir freuen uns über Christians Lob und auch darüber, dass uns die Mungos so dicht an sich herankommen ließen. Wir können uns jedoch nicht des Eindruck erwehren, dass man hier, im Kirindy oder in ganz Madagaskar (das müssen wir noch herausfinden), eine ungewöhnliche Auffassung von Scheu hat. Bis jetzt nämlich ist noch kein Tier so wirklich vor uns ausgebüxt und schon gar nicht in dem Tempo, das wir von anderswo kennen. Liegt das daran, dass die Tiere des Kirindy an herumschlendernde Menschen gewöhnt sind, dass sie wissen, dass ihnen hier nichts geschieht, oder haben sie sich ein argwohnfreies Zutrauen bewahrt, weil es kaum Raubtiere gibt, die ihnen nach dem Leben trachten? Nein, Letzteres kann nicht sein. Wir denken an den armen Fonzy aus Morondava, der von Menschen verspeist werden sollte und dabei seine Eltern verlor, an die Fossas, die bestimmt nicht den ganzen Tag nur Nickerchen machen und an all die Menschen auf der Insel, die immer mehr Platz benötigen und dabei sicher auch wenig rücksichtsvoll mit Tieren umgehen. Sei es mit Räubern, die ihr Geflügel töten, mit Vögeln, die ihre Fische jagen, Schlangen, die sie beißen könnten, oder Lemuren, die ihre Felder plündern. Doch was ist es dann, was die Tiere hier, in Relation gesehen, so vertrauensselig macht? Wir werden diese Frage weiter verfolgen und versuchen, eine Antwort darauf zu finden. Das aber wird heute Nachmittag wohl nicht mehr gelingen, denn unser Walk neigt sich seinem Ende zu.

Nein, wir haben kein Foto vom Guide ;-)
Bald laufen wir erneut im Camp ein, um uns dort kurz zu erfrischen und zu erholen, bevor wir uns schon wieder zu einer Exkursion in den mittlerweile dunklen Wald aufmachen. Sechs Uhr, Treffen am Parkplatz. Doch Heinz und ich sind etwas zu früh, weshalb wir ein paar Minuten auf dem Parkplatz, neben dem öffentlichen Klo und den Personalduschen, herumstehen. Wir inspizieren den mittlerweile geschlossenen Souvenirshop, als eine Fossa vor uns über den Platz läuft, schnurstracks vor unseren Augen vorbei, auf die öffentliche Dusche neben dem schwarzen Hotelgebäude zu. Dort schnüffelt sie interessiert an einer Wasserpfütze vor dem Waschbecken, trinkt einen Schluck und schnüffelt weiter. Mann, schon wieder eine Fossa! Das ist ja beinahe inflationär! Gebannt, doch längst nicht nicht mehr so aufgeregt wie bei unserer ersten Fossa-Sichtung, beobachten wir das umherstromernde Raubtier. Dabei übersehen wir völlig, dass sich gerade ein einheimischer Guide draußen, vor dem Waschbecken, nach seiner wohlverdienten Dusche abtrocknet. Und statt uns rücksichtsvoll abzuwenden, starren wir weiter auf die Fossa. Der Guide beendet seinen Trockenakt, dreht sich genervt zu uns herum, ohne sein bestes Stück vorher mit dem Handtuch zu bedecken und lässt, ich kann es nicht anders sagen, seinen Schwengel demonstrativ kreisen. Huch, Tschuldigung, sorry, tut uns leid, wir sind schon wieder weg und haben auch kein Foto von dir gemacht. Nicht mal aus Versehen. Und weil wir die Genervtheit des Parkangestellten gut nachvollziehen können, verraten wir Christian auch nichts von unserem Erlebnis, als er kurz danach auf dem Parkplatz auftaucht. Er könnte es falsch verstehen und sich in seiner Position als Chef-Guide genötigt fühlen, den Betreffenden, sofern er ihn denn identifizieren kann, scharf zu rüffeln. Das wäre echt ungerecht, denn schließlich waren ja wir schuld. Also schweigen wir grinsend...

Wenig später sind wir alle versammelt und hüpfen ins Auto. Wieder fahren wir auf den gleichen Parkplatz wie gestern Abend, doch diesmal herrscht dort himmlische Ruhe. Nur ein paar andere Autos stehen da, man sieht keine Lichter im Wald und hört auch niemanden reden. So gefällt uns das schon viel besser!

Er ist noch sooo verschlafen:
Grauer Mausmaki (Microcebus murinus)

















Genüsslich stapfen wir in die Stille und werden sogleich mit einem saftleckenden Gabelstreifenmaki belohnt. Bald darauf folgt ein Grauer Mausmaki, der in einer kleinen Baumhöhle sitzt und uns knopfäugig anblinzelt. Weil wir ihn nicht unnötig blenden wollen, lassen wir ihn jedoch bald wieder allein und machen uns auf die Suche nach einem anderen Tier. Heute Nachmittag hatten wir ja einen recht stattlichen Skorpion gesehen. Deshalb habe ich jetzt meine UV-Lampe mitgenommen, in der Hoffnung, vielleicht noch einmal einen Skorpion zu finden und ihn zum Leuchten zu bringen.

Christian hat von diesem Effekt noch nie etwas gehört und ist ganz versessen drauf, ihn mal zu sehen. Eifrig sucht er deshalb nach abgestorbenen Bäumen und lugt überall unter deren lose Rinde. Da! Ein kleiner schwarzer Skorpion zeigt sich und wir alle scharen uns um den Baumstumpf. Sogar Fitah, dem natürlich auch Skorpione nicht ganz geheuer sind. Dann knipse ich die UV-Lampe an und der Skorpion erglüht in gespenstischem Neongrün. Christian, Mamy und Fitah staunen und sind begeistert, auch wenn der Achtbeiner nur ein kleiner ist und sich ziemlich schnell wieder unter der schützenden Rinde verkriecht. „Wie bist du auf die Idee mit der UV-Lampe gekommen?“, fragt Christian. Ich erzähle ihm, dass ich von diesem Phänomen gelesen hatte und es unbedingt mit eigenen Augen sehen wollte. Und auch davon, dass ich im ersten Urlaub, in dem ich diese Lampe dabei hatte, jeden Abend schier alles und jedes Eck befunzelt hatte, ohne auch nur einen einzigen Skorpion zu entdecken. Der nächste Urlaub war dann schon erfolgreicher: ein grauer Skorpion im Richtersveld und eine ganze Heerschar davon im Goegab Nature Reserve in Südafrika, zuzüglich diverser Solifugen, die ebenfalls leuchteten, wenn auch wesentlich schwächer als ihre gepanzerten Verwandten. „Solifugen, was ist das?“, will Mamy wissen. Mhm, in solchen Momenten habe ich stets recht zweischneidige Gefühle. Auf der einen Seite finde ich es toll, naturinteressierten Guides etwas Neues, Spannendes zeigen zu können, was meist mit größtem Interesse aufgenommen wird, andererseits jedoch ist es mir auch irgendwie unangenehm. Wir, die reichen Touristen, reisen auf der ganzen Welt umher und haben zudem noch ein Equipment dabei, das sich ein einheimischer Guide wahrscheinlich nie würde leisten können, hätte er die Möglichkeit, es überhaupt irgendwo zu erwerben. Oft schon war ich deshalb am Überlegen, einen solchen Gegenstand einfach herzuschenken, habe es aber dann doch nicht getan. Erstens müsste ich so stets eine Kiste voller UV-Lampen, Wildkameras, Ferngläser und Fachbücher mit mir führen, um alle entsprechend gerecht damit zu bedenken, was wirklich zu weit führen würde – auch finanziell. Zweitens, und das ist noch viel ausschlaggebender, wirft ein derartiges Geschenk oft unlösbare Probleme auf. Die UV-Lampe, zum Beispiel, wird mit einem Akku betrieben, der ein spezielles Ladegerät benötigt, das ich aber in Deutschland gelassen und stattdessen nur einen zweiten, vollen Akku mitgenommen habe. Tja, was könnte nun Christian, der sicher großen Spaß an der Lampe hätte, mit ihr anfangen? Leuchten, bis die zwei Akkus leer sind. Und dann?

Madagaskar-Riesenchamäleon (Furcifer oustaleti)
Südlicher Riesen-Mausmaki (Mirza coquereli)


















Doch Christian scheint auch so glücklich zu sein. „Das war toll! Etwas ganz Neues für mich, das ich sicher meinen Auszubildenden vermitteln werde. Solches Wissen kann einen Walk gleich viel interessanter machen, vor allen Dingen dann, wenn man sonst nicht so viel sieht. Danke!“ Wir hingegen können uns nicht beklagen, zu wenig zu sehen. Wir sind schon wieder auf dem Rückweg zum Parkplatz, als Christian ein Chamäleon entdeckt, das mit zusammengerolltem Schwanz in einem Baum sitzt. Ach, wie gerne würde ich das jetzt aus seinem Ast pflücken und auf meiner Hand spüren! Doch leider sitzt es zu weit oben und die feine, englische Art ist es ja auch nicht gerade, ein schlafendes Chamäleon zu wecken. Und auch, wenn ich mich bis jetzt deutlich „unterchamäleonisiert“ fühle, begnügen wir uns mit ein paar Fotos und ziehen schließlich weiter. Fast haben wir den Parkplatz schon wieder erreicht, als Christian einen weiteren Lemuren entdeckt. Es ist ein Südlicher Riesen-Mausmaki, der mit einer Körper-Schwanz-Länge von über 50 Zentimetern unseren grauen Winzling vom Anfang des Walks deutlich überragt. Wah, das nenne ich mal eine Sichtungsquote! Denn mit diesem Maki haben wir an nur einem Tag und einem Abend bereits sechs der im Kirindy Forest lebenden neun Lemurenspezies gesehen. Fehlt uns nur noch der Westliche Fettschwanzmaki, der Zwerg-Mausmaki und der kleinste aller, Madame Berthes Mausmaki. Nicht, dass wir hier Liste führen und abhaken würden, aber das ist wirklich toll! Niemals hätten wir erwartet, derartig viele verschiedene Tiere zu sehen und fühlen uns nun, am Ende unseres ersten vollen Tages im Kirindy, natürlich fürstlich belohnt.

Kirindy, Christian, ihr seid fantastisch! Mit diesem Hochgefühl fahren wir schließlich ins Camp zurück, verabreden uns für den nächsten Morgen und beschließen diesen Tag mit einem Essen. Christian, Mamy und Fitah in der Mannschaftskantine, Heinz und ich im Restaurant, wo wir ja mittags bereits vorbestellt hatten. Hähnchen für Heinz, Minesao für mich. Fehlen nur noch die Getränke. „Bitte je ein Bier!“ „Ach, das tut mir leid, aber wir haben kein Bier mehr!“ Was? Nein, das Getränk, auf das wir uns jetzt, nach einem Tag, an dem wir die Zellen unseres Körpers mit lauwarmem, kohlensäurefreiem Wasser bei Laune gehalten hatten, am meisten gefreut haben, ist definitiv nicht mehr erhältlich. Von einem GAU dieser Art hatte uns Mamy übrigens bereits berichtet. Auf einer seiner früheren Touren war eben jener Fall schon einmal eingetreten und der schwer getroffene Tourist wollte deshalb sofort abreisen. Mamy erzählte uns kichernd, er sei deshalb nachts ins nächste Dorf gefahren und hätte sämtliche Biervorräte aufgekauft, um den Kunden, übrigens ein Engländer, bei Laune zu halten. Was schließlich auch gelang...

Eine nette Geschichte. Doch so dringend ist es bei uns nicht, dass wir Mamy aktivieren müssten. Stattdessen ordern wir Cola und Sprite, verzehren unser Essen und fallen anschließend müde ins Bett. Die siebeneinhalb Stunden, die wir heute zu Fuß unterwegs gewesen waren, fordern ihren Tribut. Noch ehe wir den zweiten Fuß unter das Laken bekommen haben, sind wir auch schon eingeschlafen.



Weitere Impressionen des Tages:

Wir können uns einfach nicht sattsehen
Wildfang in Spiellaune
Rauf auf den Baum und gleich wieder runter
Kurze Ruhepause
Auch der Papa ruht
Die hübsche Natter
Kampf mit der harten Frucht
So rum ist sie genau so hart
Ah, endlich offen
Ist n’bisschen trocken!
Madagaskar-Zwergohreule (Otus rutilus)
Madagaskar-Skorpion (Opisthacanthus madagascariensis)
Schnüff-schnüff... Mhmm, wie gut du rrrrriechst!
Diademsifaka-Baby ...
... mit der Mama hoch im Baum
Er ist wahnsinnig neugierig!
Versucht es aber geschickt zu verbergen
Kaum zu glauben, dass das Verwandtschaft ist
Nicht mehr der Jüngste! Die Nase runzelt ordentlich
und die Zähne sind abgenutzt
Madagaskar-Zwergohreule (Otus rutilus)
Gabelstreifenmaki (Phaner furcifer)
Gabelstreifenmaki (Phaner furcifer)

Donnerstag, 6. Februar 2020

12. Oktober 2018; Kirindy Forest, Auf der Pirsch - Teil 1

Pünktlich um sechs Uhr steuern Heinz und ich auf den campeigenen Parkplatz zu, wo bald darauf auch Fitah, Mamy und Christian eintrudeln. Es kann losgehen! Diesmal jedoch bleibt das Auto stehen und wir machen uns zu Fuß auf. Kaum haben wir den Parkplatz verlassen und sind auf die kleine Hauptschneise abgebogen, von der alle Wege in den Wald abzweigen, trauen wir unseren Augen nicht: da, eine Fossa! Das skurrile Tier, das aussieht wie ein schlecht gelaunter Puma auf kurzen Beinen, das bis zu 10 Kilogramm schwer und 1,50 Meter lang werden kann – hier gehen die Meinungen etwas auseinander –, zählt zu den Katzenartigen. Seine systematische Stellung war lange umstritten, da Fossas Ähnlichkeiten mit Katzen, aber auch mit Mangusten aufweisen. Neueste genetische Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Tiere, weder Katze noch Manguste, den Madagassischen Raubtieren, den Eupleridae, zuzuordnen sind, wozu praktisch alles zählt, was mungoartig ist, unabhängig von der Größe. Fossas sind die mit Abstand größten Angehörigen dieser Gruppe und jeder Tourist, der den Kirindy besucht, hofft, eine von ihnen zu sehen. Ha, wir sehen eine! Locker-flockig trabt das katzenartige Vieh auf dem Weg dahin, schnüffelt hier, schnuppert da und hält direkt auf uns zu. Thorsten, unser Reiseveranstalter, hatte gemeint, die Chancen, im Oktober eine Fossa zu sehen, wären verschwindend gering, da sie erst im November, zur Paarungs-Saison, in Erscheinung träten. Aber wir sehen trotzdem eine! Sie ist nur noch wenige Meter entfernt, reibt sich an einem Baum, streckt sich genüsslich und dreht dann ins Gebüsch ab. Christian schnappt sich ein dürres Stöckchen und zieht es durchs Geäst. Die Fossa wird aufmerksam, biegt ihre Schnurrhaare nach vorne, macht ein katzentypisches, eckiges Spielschnäuzchen und tapst auf die sich bewegenden Zweige. Bald aber erkennt sie die Täuschung, dreht uns hochmütig den Rücken zu und schnürt auf federnden Pfoten ins dichte Gebüsch, wo wir sie rasch aus den Augen verlieren.

Wir trauen unseren Augen nicht!
Kommt uns da einfach eine Fossa entgegen!


















Sie kommt immer näher!
Jagd nach dem Stöckchen


















Wahnsinn, eine Fossa und noch dazu so nahe! Damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Der Morning Walk hat sich so doch bereits auf den ersten Metern voll und ganz gelohnt! Fassungslos und glücklich folgen wir Christian, der sich bereits wieder in Bewegung gesetzt hat, und sehen diese Sichtung als gutes Omen für unseren Kirindy-Aufenthalt, nicht ahnend, was uns die nächsten Tage in puncto Fossa noch alles bescheren werden...

Christian biegt nun nach rechts ab, auf einen schmalen Pfad, bleibt aber bald stehen und fragt, was wir denn noch gerne sehen würden, was unsere Erwartungen wären. „Wir freuen uns über alles, wir erwarten nichts, wir haben ein spezielles Interesse an Pflanzen und Vögeln, aber auch an Reptilien, Insekten, Amphibien, Säugetieren. Also an allem, was es hier gibt. Erzähl uns einfach alles, was du weißt, zeig uns Kirindy Forest. Das sind unsere Erwartungen.“ Christian nickt, wenn auch etwas ungläubig – wahrscheinlich macht unsere Begeisterung über die Fossa diese Aussage ein wenig unglaubwürdig – doch er verspricht, sich nach uns zu richten. Dennoch schränkt er ein. „Wir sind hier in der Wildnis, nicht im Zoo. Ich kann euch also nichts versprechen. Aber ihr seid lange hier und wir werden deshalb viel sehen. Und weil ihr so lange hier seid, werden wir uns auf jedem unserer vier täglichen Walks ein Thema stellen, was wir abhaken wollen. Heute Morgen schauen wir nach Vögeln.“ Sprichts und setzt seinen Weg fort. Diese Information müssen Heinz und ich erst mal verdauen. Erstens: wir sind lange hier, nämlich genau vier Tage. Wenn das lange ist, wie lange sind denn dann andere Touristen üblicherweise im Park? Zweitens: Thema Abhaken. Hier wird gar nichts abgehakt. Jeder Besuch, jeder Walk ist anders, bietet was Neues. Und wenn wir etwas schon mal gesehen haben, so ist es noch lange nicht abgehakt. Wir freuen uns wieder und wieder! Drittens: vier tägliche Walks! Das ergibt summa summarum ungefähr sechs Stunden Fußexkursion durch den Wald. Jeden Tag! Geil! Damit hatten wir ebenso wenig gerechnet wie mit einer Fossa. Kirindy, Christian, lasst uns loslegen!

Madagaskar-Dajal (Copsychus pica)
Rotvanga (Schetba rufa)


















Weißkopfvanga (Leptopterus viridis), männlich
Weißkopfvanga (Leptopterus viridis), weiblich


















Mamy lächelt väterlich über unsere Freude, Fitah hingegen scheint ob der zu Fuß zu absolvierenden Stundenanzahl etwas bange zu werden. Christian bekommt von alledem nichts mit, denn er schreitet wacker voran. Und sein Ziel für heute Morgen sind ja, wie erwähnt, Vögel. Bald präsentiert er uns den ersten. „Madagascar magpie“, sagt er. Ein kleiner, rundlicher Vogel mit schwarz-weißem Gefieder sitzt vor uns auf einem niedrigen Ast. Seine Färbung erinnert tatsächlich an eine Elster, gattungstechnisch aber ist er weit davon entfernt. „Ein Schnäpper, Flycatcher, Muscicapidae“, murmelt Heinz. Christian horcht auf, marschiert aber dennoch unbeirrt weiter. Ein paar Meter. Dann bleibt er stehen, denn er hat bemerkt, dass wir den kleinen Vogel tatsächlich eines weiteren Blickes würdigen, ja, ihn sogar fotografieren. „Sehr verbreitet hier!“, kommentiert er, gerade so, als wäre das ein Grund, sofort weiterzugehen. Wir ignorieren diese Bemerkung und folgen dem Federball, der vorsichtig, aber trotzdem recht unscheu vor uns herhüpft. Christian wartet geduldig. Dennoch merkt man ihm an, dass er gerne weitergehen würde. Wir lassen uns allerdings nicht davon stören, zumindest nicht von Christian. Plötzlich aber deutet Heinz nach oben. „Ein Rotvanga, da, kuck!“. Mein Blick folgt Heinz’ Finger, Christians ebenfalls. „Du kennst die Namen der Vögel?“, fragt er erstaunt. Heinz nickt und berichtet ihm, dass er seit 35 Jahren selbst Vögel hält und früher auch gezüchtet hat. Vögel und Pflanzen seien seine große Passion. „Dann habt ihr auch Pflanzen zuhause?“ „Ja, mehrere hundert. Unter anderem auch madagassische wie Didieras, Alluadias, Euphorbien und Pachypodien.“

Christian staunt Bauklötze. „Aber bei euch ist das Klima doch ganz anders, wie macht ihr das?“ „Zweimal im Jahr trage ich mehrere hundert Töpfe von drinnen nach draußen und umgekehrt. Im Winter wird es in der Wohnung dann eng, da wohnen alle Pflanzen drinnen. Im Schlafzimmer, im Wohnzimmer, in der Küche, im Bad, im Keller.“ Christian, Mamy und Fitah starren uns ungläubig an und man merkt, dass sich in diesem Moment etwas verändert: wir mutieren von normalen Touristen zu ernsthaft interessierten Hobby-Spezialisten und Christians professionell-distanzierter Gesichtsausdruck wandelt sich in respektvolles Strahlen. „Das werden gute vier Tage, ich freue mich!“, sagt er. Und wir freuen uns ebenfalls, denn die Exkursion bekommt plötzlich einen ganz anderen Charakter – sie wird zu einem Waldspaziergang unter Gleichgesinnten, einem Waldspaziergang, auf dem nichts muss, aber alles kann.

Kleiner Vasapapagei (Coracopsis nigra)
Madagaskar-Dajal (Copsychus pica)


















Und das macht einen großen Unterschied, denn leider, so muss man sagen, stehen Nationalpark-Guides auf der ganzen Welt unter großem Druck. Ihre Touristen, die oft nur kurze Zeit im jeweiligen Schutzgebiet verweilen, haben oftmals eine extrem hohe Erwartungshaltung bezüglich der Sightings. Sie wollen möglichst alles sehen, gerne auch mit der Action einer Jagd, eines Kills, einer Paarung garniert, kleinere, angeblich unspektakuläre Tiere, Mehrfachsichtungen oder ergebnislose Pirschen langweilen sie schnell. Die Guides sind also permanent auf der Suche nach den gewünschten Highlights, um ihre Kunden zufriedenzustellen. Gelangweilte Gäste sind schwierig und unangenehm, zufriedene hingegen gut gelaunt und, auch nicht ganz unwichtig, in der Regel großzügig mit Trinkgeld.

Diesen unsinnigen Druck haben wir aber Christian nun hoffentlich genommen. Zumindest scheint er sich aufrichtig zu freuen, dass er uns seinen Kirindy Forest so zeigen kann, wie er eben ist – in allen Belangen spannend und interessant. Energiegeladen und motiviert schreitet er vor uns her und macht uns auf alles aufmerksam, was ihm erwähnenswert erscheint. Hier ein besonderer Baum, da ein Pilz, dort eine Spinne. Wir erhalten eine Einführung in die Bäume Kirindys, in die Welt der Säugetiere, der Vögel und Reptilien, und ganz nebenbei sehen wir auch noch Vasapapageien, Weißkopfvangas und eine große Gruppe von Larvensifakas. „Christian, unser Thema sind Vögel. Keine Lemuren auf diesem Walk, bitte!“ Christian grinst, führt uns weiter durch den Wald und ignoriert sogar das Piepsen seiner Uhr, sodass wir schließlich erst nach zwei Stunden statt der vorgesehenen anderthalb ins Camp zurückkehren. „Did you enjoy it? I did!“, zwinkert er uns zu. „See you again at half past ten.“

Larvensifaka (Propithecus verreauxi)
Mit einem neugierigen Kleinen


















Glücklich und zufrieden steuern Heinz und ich nun das kleine Restaurant an, um unser wohlverdientes Frühstück zu uns zu nehmen. Bedauerlicherweise jedoch wird es nur halb so lecker wie erhofft, denn die Kellnerin hat unsere vorbestellten Eier, auf die wir uns besonders gefreut hatten, vergessen. Und nun sind Eier aus. Okay, dann halt geschmacklosen, gummiartigen Streichkäse und seltsam hellen, kristallinen Honig auf das trockene Baguette geschmiert und runter damit. Nach diesem wenig befriedigenden, aber immerhin sättigenden Frühstück marschieren wir zu unserem Bungalow, wo wir uns aus den Trekkingschuhen schälen und uns strumpfsockig auf der Terrasse niederlassen. „Toll, oder?! Und ich meine nicht das Frühstück.“ „Ja, so hatte ich mir das vorgestellt.“ „Ich auch!“ Entspannt genießen wir die freie Zeit vor unserem Holzhäuschen, beobachten einige sich sonnende Eidechsen, die offenbar ebenfalls hier wohnen, lassen unsere Blicke schweifen und freuen uns auf die kommenden Tage. Doch nicht lange, und der relaxte Müßiggang wird plötzlich unterbrochen. Ich fläze gerade auf dem Bett und erfreue mich an einer riesigen Schabe, die an der Wand sitzt und ihren Kopf unter ein Metallscharnier steckt, um sich vor dem grellen Tageslicht zu schützen, das durch die geöffneten Fensterluken hereinströmt, als Heinz von der Terrasse aus nach mir ruft. „Schneck, komm schnell! Eine Fossa!“, flüsterschreit er. Was? Schon wieder eine Fossa? Oder habe ich mich verhört? Rasch tappere ich nach draußen, wo Heinz aufgeregt am Terrassengeländer steht. „Da drüben. Sie ist direkt vor mir vorbeigeschlendert, hat mich keines Blickes gewürdigt und sitzt jetzt neben dem Nachbarbungalow. Ist aber eine andere als heute Morgen.“

Noch sehe ich versonnen der Schabe zu
Die Spur ist vor unserem Bungalow



















Tatsächlich! Da sitzt eine Fossa, nur wenige Meter von uns entfernt. Sie ist um einiges größer als das verspielte Tier vom Morning Walk, das Fell spielt ins Braun-Gräuliche und ihre beachtliche Ramsnase wird von einigen rosa Sprenkeln geziert. Dann steht sie auf und wir sehen – es ist ein Er. Ein paar strammer, behaarter Hoden schaukelt aufreizend hin und her, als sich die Fossa auf einen Schattenfleck zubewegt, sich genüsslich reckt und streckt und anschließend mit einem wohligen Seufzer niederplumpsen lässt. Ein paar Mal zurechtgerückt, ein bisschen gedreht, ordentlich eingerollt – und schon schläft das Raubtier ein – vor unseren Augen, keine fünf Meter von uns entfernt. Ne, oder? Doch! Wir können es kaum fassen. „Wollen wir da mal näher hingehen? Ganz vorsichtig?“ „Mhm, die Chance ist einmalig!“ Rasch ziehen wir Schuhe an und pirschen uns näher. Na ja, nicht pirschen, wir wollen das Tier ja nicht erschrecken. Deshalb reden wir beim Näherkommen beruhigend auf den Kurzbein-Puma ein und achten auch darauf, ihm genügend Fluchtwege offen zu lassen. Wir werden zur Kenntnis genommen, doch mehr als ein kurz mal geöffnetes Auge sind wir nicht wert. Schließlich ist der Fossenbock, so nennen wir ihn, kaum mehr als eineinhalb Meter von uns entfernt. Unendlich müde schnauft er schwer in den sandigen Boden, schenkt uns noch einen taxierenden Ein-Augen-Blick und versinkt dann endgültig in Morpheus’ Armen. Fasziniert stehen wir daneben und halten fast den Atem an. Das allerdings aus zweierlei Gründen: natürlich, weil es tierisch spannend und aufregend ist, ein derart seltenes Tier, mit dem wir zumal nicht im mindesten gerechnet hatten, aus dieser Nähe zu sehen, aber auch, weil der Fossenbock unglaublich müffelt. Raubtiergeruch hoch drei!

Also doch! Von ihm war die Spur
Der Fossenbock ist sehr müde



















Der junge hingegen würde gerne spielen
Gut, spielt er eben allein!

















Trotzdem stehen wir lange neben dem schlafenden Kater, bewundern seine mächtigen Muskeln, studieren seine Anatomie und gruseln uns vor seinen wirklich beeindruckenden Krallen, als das Tier plötzlich mit einem Ruck seinen Kopf hebt. Hui, diese Augen! Gelbbraun mit einer sehr schmalen, senkrechten Pupille – Mangustenaugen. Und die sehen bei einem Wesen dieser Größe und Wehrhaftigkeit tatsächlich ein bisschen fies aus. Doch die Augen blicken nicht auf uns, sondern auf irgendeinen Punkt hinter dem Bungalow. Ein leises Maunzen ertönt – und es erscheint die junge Fossa von heute Morgen! Der Senior erhebt sich, maunzt kurz zurück, die beiden umrunden sich. Man sieht, dass sie sich vertraut sind, doch das Jungtier, ebenfalls ein Männchen, ist bereits zu erwachsen, um eine Schmusebeziehung zum Älteren zu pflegen. Also reicht es lediglich zu einem schnellen, gegenseitigen Kopfreiben, dann trennen sich die Wege der beiden wieder. Der Fossenbock legt sich erneut schlafen, der junge trabt locker-flockig an uns vorbei, stattet dem Hühnerstall hinter dem Restaurant einen sehnsüchtigen Besuch ab und verschwindet anschließend im Gestrüpp hinter unserer Hütte.

„Schneck, das glaubt uns keiner!“ Strahlend kauern wir neben dem Fossenbock und sehen ihm beim Schlafen zu. Das ist fantastisch! Das Beste aber ist, dass wir das ganz allein genießen dürfen. Kein Tourist weit und breit, der erregt andere herbeiholt und damit die schlafende Fossa kirre macht. Wir sind so fasziniert und versunken in unserer Fossa-Blase, dass wir beinahe unsere Verabredung zum nächsten Walk versäumen. Gerade schlüpfen wir eilig aus den Sandalen, rein in die Wanderschuhe, als Mamy und Fitah uns einsammeln wollen. Wir winken, bedeuten den beiden aber, möglichst geräuschlos näherzukommen. Fragend sehen sie uns an, nähern sich vorsichtig. Begeistert zeigen wir auf die schlafende Fossa, müssen jedoch rasch feststellen, dass die Jungs weit weniger von dem schlafenden Raubtier angetan sind, als wir. Mamy bleibt starr stehen, Fitah weicht gar ein paar Schritte zurück. „Ihr müsst vorsichtig sein! Das sind sehr bösartige Tiere. Sie gehen ohne Grund auf Menschen los und sind völlig unberechenbar!“, warnt Mamy. Klar, wir haben auch Respekt vor diesem Riesenkater, doch Mamys Reaktion scheint uns doch etwas übertrieben. „Nein, nein, wirklich. Fossas sind bösartig. Und sie riechen Blut. Sie haben schon Frauen attackiert, die, na, ihr wisst schon… Haltet euch also besser fern!“

Und jetzt glotzen auch noch die Touris!
Trotzdem schläft er tief und fest
















Oje! Das Märchen vom Raubier, das menstruierende Frauen verschleppt und frisst, gibt es also auch hier. Diese Mär, dieses Vorurteil kennen wir bereits aus Afrika, wo man Löwen, Leoparden, Hyänen und auch Wildhunden ein solches Verhalten nachsagt. Alles Quatsch, es gibt keinerlei Beweise, keinerlei belegte Vorkommnisse dieser Art, doch viele Menschen glauben daran. Und das ist leider nicht gerade förderlich für ein unbehelligtes Dasein der verdächtigten Tiere. Dass Mamy und Fitah nun ebenfalls an einen derartigen Käse glauben, enttäuscht uns etwas, doch ändern werden wir es wohl nicht können. Trotz dieser neuen Erkenntnisse über die Vorstellungen und Ängste unserer beiden Begleiter müssen wir ein wenig grinsen, mit welcher Erleichterung sie, zusammen mit uns, diesen Ort des personifizierten Grauens verlassen und sich in einen neuen Walk stürzen.

Der „peinliche“ Baum
Christian wartet bereits und auch ihm müssen wir natürlich sofort von unserem neuen Freund erzählen. Der Guide sieht das Ganze viel gelassener und freut sich mit uns, geht aber gleich scherzhaft zur Tagesordnung über. „Das Thema dieses Walks ist...“ Er denkt kurz nach. „... alles. Lasst uns gehen!“ Bald darauf entern wir den Wald an der selben Stelle wie heute Morgen, halten uns dann aber mehr rechts. „Jetzt werde ich euer Pflanzenwissen testen. Sagt mir, ob dieser Baobab ein männlicher oder ein weiblicher ist.“ Wir nähern uns einem Exemplar der Spezies Rubrostipa, das direkt neben dem Weg steht. Hä, weiß Christian denn nicht, dass Baobabs einhäusig sind, also beide Geschlechter in einer Pflanze vereinen? Doch warum grinst er so schelmisch? Da steckt doch was anderes hinter seiner Frage. Neugierig beäugen wir den Baum, können jedoch nichts entdecken. Erst als wir ihn umrunden, sehen wir, was er meint. In Oberkörperhöhe hat der Baobab einen Auswuchs, der frappierende Ähnlichkeit mit einem erigierten Penis nebst der dazugehörigen Hoden aufweist. Das gute Stück wurde schon von so vielen Touristen befummelt, dass es zudem noch in rötlichem Schimmer erglänzt – fast wie im richtigen Leben. Und die Redewendung „sich einen polieren“ erhält neue Sinnhaftigkeit... Christian und Mamy lachen sich scheckig, Fitah hingegen scheint etwas peinlich berührt und ist froh, als wir uns endlich von dem frivolen Gewächs trennen und tiefer in den Wald vordringen und dabei weitere, weniger verfänglich gewachsene Bäume kennenlernen.

Den Taschentuchbaum, erkennbar an seinen übergroßen Blättern, die im Verrottungsprozess weiß werden und wie weggeworfene Tempos auf den Waldboden liegen, den Military Tree mit seiner Rinde in Camouflage-Optik, den Zigarettenpapier-Baum, dessen Rinde sich in großen, pergamentenen Stücken vom Stamm ablöst. Christian kennt sich hervorragend aus, doch, das stellen wir bald fest, seine Kenntnisse sind wenig wissenschaftlich. „Ist der Zigarettenpapier-Baum eine Commiphora?“ „Commiphora, ja, ja..“ „Welche Spezies?“ „Nein, nicht Commiphora, Adansonoid Tree.“ Das Glück dieser Welt hängt nun beileibe nicht von wissenschaftlichen Speziesbezeichnungen ab, aber sie erleichtern eine eindeutige Zuordnung ungemein. Doch Christian, der wirklich ein Kenner seines Fachgebietes ist, hat das selbe Problem wie so viele andere seiner Zunft. Literatur über derartige Spezialthemen ist rar gesät und schwer erhältlich, erst recht, wenn man weder die Möglichkeit hat, alle Angebote des Internets auszuschöpfen, noch die finanziellen Mittel dazu zur Verfügung stehen. Aber man merkt ganz deutlich, dass Christian gerne ein wissenschaftlicheres Know How erwerben möchte, zumal er eine große Verantwortung auf sich genommen hat: er ist Chefausbilder im Kirindy Forest. Zuständig für die Schulung aller neuen Guides, ist es seine Aufgabe, ein komplexes Wissen über Flora und Fauna weiterzugeben, das Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur zu fördern und Freude an diesem Beruf zu vermitteln. Dazu ist er sicher in der Lage und für den durchschnittlichen Touristen mag das Ergebnis auch genügen, doch es kommen zunehmend spezialisierte Reisende, die sich in ihrem Fachgebiet besser auskennen als der Guide. Und hier beginnt das Problem. Der Guide, der Flora und Fauna des entsprechenden Gebiets aus dem Effeff kennt, jedoch nicht wissenschaftlich benennen kann, wird dann gerne mal zum „Einheimischen mit traditionellem Wissen“ degradiert, obwohl er viel mehr zu sagen hätte – halt nur nicht auf lateinisch oder griechisch.

Heinz und ich ertappen uns übrigens auch dabei, dass uns Christians Informationen zu unpräzise sind, doch wir haben ja alle Möglichkeiten, um eine Präzisierung weiter zu verfolgen, wenn es uns denn wirklich so wichtig ist. Vorerst ist es also egal, ob der Zigarettenpapier-Baum nun eine Commiphora ist oder nicht. Er ist schön und mit so einzigartigen Merkmalen ausgestattet, dass sich nach dem Urlaub sicher Näheres herausfinden lässt. Außerdem gibt es so viel anderes zu sehen, dass die Theorie jetzt erst mal Pause hat.

Madagaskar-Hakennasennatter
(Leioheterodon madagascariensis)


















Hah, da liegt zum Beispiel plötzlich eine hübsche Schlange vor uns auf dem Weg. Nein, sie liegt nicht nur da, sondern schaufelt mit ihrem Kopf in einer flachen Erdkuhle herum. Es ist eine Madagaskar-Hakennasennatter – Madagaskars häufigste Schlange. Sie ist wunderschön gemustert und ein eher kleineres Exemplar, das da auf dem Boden nach Beute sucht. Vorsichtig gehe ich auf die Knie, um sie besser fotografieren zu können. Christian sieht mir völlig entspannt dabei zu, Fitah jedoch zieht vor Schreck scharf die Luft ein. Und wieder erleben wir unseren jungen Guide, wie er Angst vor einem Lebewesen zeigt, die einfach nicht berechtigt ist. Die Natter kann zwar beißen, was sicher nicht angenehm, aber auch nicht gefährlich ist. Dennoch wird sie von vielen Einheimischen als Giftschlange eingestuft, entsprechend verabscheut und häufig auch getötet. Dass die Durchschnittsbevölkerung so denkt, ist bitter, noch bitterer aber ist, dass selbst ein Guide, auch wenn er noch jung und unerfahren ist, ins selbe Horn stößt und nicht nur Respekt, sondern Angst empfindet. Ach Fitah, du musst echt noch viel lernen!

Schmalstreifenmungo (Mungotictis decemlineata)
Eifrig am Buddeln
Wir verlassen die Schlange und hoffen, dass das, was Christian Fitah in den nächsten Minuten erzählt – und offenbar die Natter betrifft – etwas zur positiven Naturbildung unseres Youngsters beiträgt. Doch plötzlich verstummt Christian. Da vorne! Eine ganze Horde von Schmalstreifenmungos, Verwandte der Fossa, wuseln vor uns durchs Gebüsch. Eifrig wird gegraben, mit Schnauze und Pfoten, leise Fiepgeräusche dienen der Kommunikation oder werden schlichtweg vor Erregung während der Jagd ausgestoßen. Ein Tier ist erfolgreich und verzehrt laut knuspernd und schmatzend einen besonders dicken, leckeren Käfer. Fitah reagiert auf diese Sichtung übrigens sichtbar entspannter und erfreut sich, wie auch wir, an dem possierlichen Verhalten der Mungos, die wir eine ganze Weile beobachten können, bevor sie geschäftig fiepend im Gestrüpp verschwinden.

Madagaskar-Stachelschwanzleguan
(Oplurus cyclurus)
Und noch einer!

























Piep, piep, piep. Ach ne, das ist Christians Uhr, die da Laut gibt. Schon wieder sind wir also eine Stunde unterwegs gewesen und sollten wohl allmählich umkehren. Die Zeit verfliegt hier draußen im Nu, viel zu schnell, erst recht, da wir heute die einzigen Touristen im Wald zu sein scheinen. Langsam wenden wir uns also wieder Richtung Camp – eine Tatsache, die ich allerdings nur aufgrund des Sonnenstands erahnen kann. Und der Planet brennt mittlerweile mit aller Macht vom Himmel. Wir schwitzen heftig, doch es gibt auch Lebewesen, die die Hitze genießen. Zum Beispiel die zahlreichen Leguane, die auf der sonnenzugewandten Seite vieler Bäume ein Wärmebad nehmen. Leguane in Madagaskar? Schon wieder so ein Wunder dieser Insel! Leguane sind Bewohner des amerikanischen Kontinents, der Neuen Welt, nur Madagaskar und die Komoren, Inseln der sogenannten Alten Welt, weisen ebenfalls Leguanbestände auf. Wie sind die da hingekommen? Relikte einer Population, die nach dem Auseinanderbrechen des Urkontinents überlebt haben? Aber eben nur hier und nicht auf dem afrikanischen Festland. Faszinierend! Und nicht mal die Wissenschaft hat eine verbindliche Antwort auf diese Frage, was deutlich zeigt, dass vieles noch immer rätselhaft und unergründlich ist, was die Erdgeschichte betrifft – und vielleicht auch nie eine Antwort erfahren wird.

Madagaskar-Stachelschwanzleguan (Oplurus cyclurus)
Wir sind noch ganz in den Anblick eines heftig nickenden Leguans versunken, als sich Christian zu Wort meldet. „Habt ihr Wasser dabei?“ „Klar! Hast du Durst?“ „Nein, aber die da vielleicht.“ Er zeigt auf einen Trupp Brauner Makis, die ein paar Meter entfernt unter den Bäumen sitzen und auf den harten Kernen fleischarmer Camelienfrüchte herumkauen. „Wir sind am Ende der Trockenzeit angelangt. Da finden auch Lemuren nur schwer genügend Flüssigkeit und sind deshalb manchmal recht zutraulich, wenn man ihnen Wasser anbietet.“ Er drückt mir das leere Gehäuse einer Achatschnecke in die Hand. „Füll Wasser rein, halte es ihnen hin und warte ab. Traust du dich das?“ Klar!

Rasch fülle ich Wasser in das Schneckenhaus, knie nieder und biete es den Makis an. Fitah zieht mal wieder scharf die Luft ein, als ein paar der Lemuren auf mein Angebot aufmerksam werden und näherkommen. Ein besonders mutiges Tier wagt es schließlich. Es schnuppert kurz an der Schale, nimmt dann beherzt meine Finger in die Hände und führt die Wasserquelle zum Maul. Nachdem der Maki ausgiebig getrunken hat, kommen weitere herbei und bedienen sich ebenfalls. Ich bin hingerissen! Diese Fingerchen, die sich wie aus Gummi gegossen anfühlen, die sich fest um die meinigen geschlossen haben, das Vertrauen der Tiere, sich mir auf diese kurze Distanz zu nähern und mich dabei auch noch zu berühren! Egal, ob sie an Leute gewöhnt sind – was sicher eine Rolle spielt – egal! Sie haben mich berührt, physisch und damit auch mental und ich bin zutiefst entzückt. „Das hätte ich mich nicht getraut. Braune Makis sind aggressiv!“, sagt Fitah. Christian verdreht die Augen. „Braune Makis sind tatsächlich weniger friedfertig als andere Lemuren, aber sie sind nicht aggressiv. Ich hätte dich das nie machen lassen, wenn es gefährlich wäre.“ „Fitah, magst du nicht auch mal?“, frage ich und drücke ihm das Schneckenhaus in die Hand. Entsetzt weist er das Gehäuse zurück. „Nein, die beißen!“

Hart, trocken und wenig nahrhaft
Mit einem Schluck Wasser rutscht es besser

















Ach, Fitah, du musst wirklich noch viel lernen. Du lebst auf einer Insel mit einzigartiger Tierwelt, du willst ein guter Naturguide werden, aber du bist nicht eins mit der Natur, du fühlst dich nicht wohl mit ihr, in ihr, du hast viel zu viele Ängste. Es ist nicht nötig, einen Lemuren mit Körperkontakt zu tränken, das ist eher unprofessionell (ich geb’s ja zu), aber du musst dich mal mit deinen tradierten Ängsten beschäftigen und versuchen, sie abzulegen. Nicht alles ist fies, gefährlich, aggressiv, giftig, angriffslustig oder was auch sonst. Gut, Natur hat „Nachteile“, das ist nicht zu leugnen: sie bietet kein Handynetz, es kommt kein Strom aus dem Astloch im Baum, man kann nicht immer und überall schlafen und man muss sich etwas damit beschäftigen, um die kleineren und größeren Zusammenhänge zu erkennen, zu begreifen, um sie anderen näherbringen zu können.

Davon jedoch scheint Fitah meilenweit entfernt zu sein. Mamy hingegen, der auch nicht der eingefleischte Naturbursche vor dem Herrn ist, genießt unsere Walks mit einer Aufmerksamkeit, die uns deutlich zeigt, dass er gerne dazulernt. Und sei es nur, um künftigen Gästen mehr erzählen zu können. Bravo, Mamy, das ist toll! Und wir haben ja noch zahlreiche Walks vor uns...