Mittwoch, 20. August 2008

22.-23. Juni 2008 - Anreise München-Maun (Warum schnell, wenn’s auch mit BA geht?)

So, das Ränzlein ist erneut geschnürt und ich bin bereit für meine 17. Afrikareise. Mein Freund Heinz bringt mich zum Flughafen und wir verabschieden uns schweren Herzens für 6 Wochen. Davon abgesehen ist meine Vorfreude ungetrübt – bis jetzt. Normalerweise gibt es über eine hübsch gebuchte Fluganreise nichts zu berichten: Einsteigen, fliegen, umsteigen, weiterfliegen, ankommen und gut ist’s. British Airways – The Way To Fly...

Nicht so aber diesmal! Nachdem ich die letzten Minuten mit Heinz ausgekostet habe, eile ich zu meinem Gate, ein paar Minuten vor offiziellem Closing. Alle Passagiere sitzen noch da, die Fluganzeige leuchtet vorbildlich, allein das Gate ist nicht besetzt. Daran soll sich auch die nächsten 120 Minuten nichts ändern. Zur Abflugzeit um 16.15 Uhr rattert die Anzeige zwar auf ein „Delayed; 17.45 Uhr“, danach aber passiert nichts mehr. Keine Durchsage, keine Zeitangabe, nichts. Um 18.00 Uhr erscheinen die Boarding-Mädls, sind aber nicht wirklich ansprechbar, denn sie hängen, sobald jemand Erkundigungen einholen will, angestrengt am Telefon; eine telefoniert, die andere gestikuliert und nickt problemgeschwängert. Gegen 18:20 Uhr wird urplötzlich in hektisch-imperativem Tonfall zum Boarden aufgerufen, alle schlichten sich eilig in die Maschine und mit über 2,5 Stunden Verspätung heben wir endlich ab.

Meine Hoffnungen, in London den Anschlussflug nach Johannesburg zu bekommen, sind gegen Null gesunken, steigen aber wieder, als an Bord die Ursache für die Verzögerung bekannt gegeben wird: ein heftiges Unwetter über Heathrow hat alles lahmgelegt. Alles? Also wohl auch meinen JHB-Flug. Der Pilot gibt Gas und wir holen 20 Minuten der Verspätung rein. Ankunft in Terminal 5, der neuen Prunklocation der britischen Luftfahrt. Ich rase hoffnungsvoll durch den Transitbereich, um dann am Securityschalter bedauernd belehrt zu werden, dass mein Anschlussflug zwar erhebliche Verspätung, das Gate aber schon geschlossen hätte – und das vor ungefähr 5 Minuten. Alles Flehen hilft nix; aufs Höflichste werde ich ersucht, ein Rebooking für den nächsten Flug zu erwirken, der um 21.15 Uhr gehen soll. Gesagt, getan. Der Rebooking-Fuzzi versichert mir hoch und heilig, dass von nun an alles fast beinahe nach Schedule ginge.

Ich rase durch das mir unbekannte, neue Terminal und lese auf dem nächsten Monitor: mein Flug ist pünktlich angeschlagen, obwohl schon deutlich über der Zeit, aber die Gate-Information fehlt. Mir schwant Böses, was sich auch bestätigt, als ich mir einen Flughafen-Uniformierten greife. Ja, ob ich’s denn nicht vernommen hätte, dass ALLE Flüge extremely delayed wären?! Doch, doch, schon, nur der Fuzzi vorhin hatte was anderes gesagt. Justament in diesem Augenblick blinkt ein wunderschönes „Delayed“ hinter meinem Flug auf. Toll! Per SMS informiere ich Annette, Joachim und Jürg, die mich morgen in Maun erwarten.

Naja, gut, denke ich mir, dann nutze ich halt die Zeit, um meinen Weiterflug von JHB nach Maun vorzuorganisieren und suche nach einem BA-Schalter. Mehrere dieser hochtechnisierten Arbeitsplätze thronen prominent im riesigen Transitbereich von T5 – sind aber nicht besetzt, obwohl der Slogan „At your service“ über jedem Schalter prangt. Sämtliche Personen, die wenigstens semi-offiziell nach BA aussehen und mir über den Weg laufen, werden befragt, verweisen mich aber allesamt auf die verwaisten Schalter. Das macht Freude! OK, beschließe ich fatalistisch-genusssüchtig, postiere ich mich halt irgendwo, in Sichtweite eines Monitors und mach’s mir bei einem Bierchen gemütlich. Doch nicht mal das ist mir vergönnt! Dieser polierte Stein-Stahl-Glastempel, der sich da Terminal 5 nennt, hat zwar viele Restaurants, in denen man Getränke erwerben kann, aber mehr als ein Kombucha-Drink in Lindenblüte/Hollunder-Geschmack, rechts-, links- und sonst wie drehenden Joghurtschlabbers oder einer Latte Macchiato, die hier offensichtlich schon fast unter’s Drogengesetz fällt ist hier nix zu holen. Bin kurz davor, dass mir der Kragen platzt, aber, oh Wunder, auf ein Mal flackert eine Gateinfo über den Bildschirm. So mache ich mich auf den Weg, folge den Beschilderungen, besteige diesen imponierenden Zubringerzug, dessen Stationsschilder einen eindrücklich warnen, nur einzusteigen, wenn man auch wirklich sicher ist – ansonsten würde die Korrektur des Irrtums mindestens 25 Minuten kosten – und komme schließlich pünktlich vor den Toren meines genannten Gates an.

Auf dem Display leuchtet noch mein ursprünglicher Flug, die Passagiere für den neuen dürfen aber nicht in den Wartebereich, denn das Boarding für den alten ist noch nicht komplett abgeschlossen! So wenigstens informiert mich ein ebenfalls rebookter Passagier, dessen Hals vor Zorn kaum noch in seinen Hemdkragen passt. Ich kann es auch nicht fassen! Natürlich ist kein Personal mehr da und als man uns endlich durchlässt, setze ich mich auf einen Plastikschalen-Stuhl, der noch warm ist von einem Vorgänger, der vielleicht, welch Ironie, jetzt auf meinem reservierten Platz in der Ursprungs-Maschine sitzt.

Doch was soll ich machen? Statt um 19.05 Uhr, respektive rebooked auf 21.15 Uhr, fliege ich endlich um 23.30 Uhr Richtung JHB. Insgesamt also satte 4 Stunden 25 Minuten später als geplant. Immerhin fliege ich; schade ist nur, dass meine Umsteigezeit in JHB, von mir großzügig geplant auf 3 Stunden 50 Minuten, nun um mehr als eine halbe Stunde überreizt wird. Da ich es nicht ändern kann, ergebe ich mich meinem Schicksal und avisiere die Purserette meines Fluges, ich hätte noch mit ihr zu reden, wenn sie denn mal Zeit hätte, sich meiner anzunehmen. Als nach dem Servieren des Essens, dessen Überreste-Beseitigung, dem Anlaufen des Unterhaltungsprogramms endlich Ruhe einkehrt, schmiegt sich ein graumelierter Saftschubser an meine Armlehne und überreicht mir einen Fragebogen, den ich bitte gerne bezüglich meiner Zufriedenheit mit der BA ausfüllen solle. Mhm?! Ein Zufalls-Generator hätte mich auserwählt, als eine von 15 Personen an Bord dieser Maschine, an dieser Umfrage teilzunehmen. Mhm!! Ich beglückwünsche den armen Steward zur randomisierten Auswahl des Computers seines Arbeitgebers. Besser hätte man es nicht treffen können!

Auf meine diesbezüglichen Gratulationen hin macht Stephen, so heißt der Serviceknabe, turbobedauernde Kulleraugen und verspricht mir, er werde alles in die Wege leiten, was zu meinem möglichst unbehelligtem Weiterkommen mit der Air Botswana nötig wäre. Ich solle ihn doch beim Aussteigen noch mal darauf ansprechen, nicht, dass es in Vergessenheit geräte... Klar, Stephen, du machst das! Als ich um 11.00 Uhr vormittags (also 50 Minuten NACH dem planmäßigen Abflug nach Maun) von Bord und an ihm vorbei gehe, strahlt er mich wieder erkennend an und verkündet mir, ich solle doch zum Air Botswana-Schalter gehen, die würden alles für mich regeln. Auf meine Frage, ob das in trockenen Tüchern ist, gesteht er mir, er hätte niemanden erreichen können (hat er es überhaupt versucht?), aber die Leute wüssten schon, was zu tun wäre. Auf die Idee, zur Air Bots zu gehen, wäre ich nun selbst nicht gekommen... Trotzdem danke, Stephen!

Im Eiltempo passiere ich die Immigration, pflücke meine Reisetasche vom Band (uih, es ist eines der ersten Gepäckstücke, unglaublich) und erspähe im Transitbereich einen Air Bots-Schalter. Kurz schildere ich mein Problem. Der Gesichtsausdruck der Schaltertante ändert sich von geschäftlich auf strahlend und sie sagt: Madam, you are VERY lucky! Meine Maschine nach Maun hat eine derartige Verspätung, dass ich mir nichts, dir nichts, mitfliegen kann! Gelobt sei Afrika, wo es, nicht nur sprichwörtlich, keine „Hurry“ gibt!

Statt um 10.10 Uhr fliegt das Maschinchen, bis auf den letzten Platz besetzt, erst um 13.30 Uhr und ich bin endlich in Maun! Annette, Jochen und Jürg holen mich vom Airport ab und wir fahren zum Maun Rest Camp.

Mann, bin ich froh, dass ich da bin! Das Maun Rest Camp gefällt mir auf Anhieb; es liegt am direkt am Thamalakane-Ufer, es sind kaum andere Reisende da, die Vögel zwitschern in den Bäumen, die Grillen zirpen, es riecht nach Afrika und ich bin DA!

Zur Übernachtung war ursprünglich das Audi Camp angedacht, aber da Annette und Jochen Wochen zuvor dort nächtens überfallen und ausgeraubt worden waren, wurde nach einer sichereren Alternative gesucht. Die örtliche Polizeistatistik ergab, dass Maun Rest Camp „am wenigsten oft von allen Camps“ überfallen wurde. Das hat doch was, oder? Nein, im Ernst; wie ich schon letztes Jahr feststellen musste, hat sich Maun derart zum Nachteil verändert was mein persönliches Wohlempfinden anbelangt. Es glänzt, es teert, es touristet, es shopt, es kreditcardet, es klimatisiert – kurzum: es ist zu einer Drehscheibe des boomenden Tourismus in Bots geworden. Da steigen mehrmals am Tag mehr oder weniger arglose „wandelnde Lebensversicherungen“ aus; die ganz Geldigen werden ausgeflogen; solche wie wir übernachten in-um-und-um-Maun-herum und je mehr wir uns in unserem relativen Reichtum afrikaselig zusammenrotten, umso angreifbarer und leichter ausraubbar werden wir.

Auch wenn wir „relativ“ sicher sind, wir schließen alles so weg, dass im Normal- und auch im Spezialfall keiner drankommt und genießen den Abend miteinander.

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